21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil28.06.2018

Waffen­rechtliche Unzuver­läs­sigkeit: Aufhebung der Waffen­besitzer­laubnis für Mitglieder der Rocke­r­grup­pierung Gremium MC rechtmäßigMitgliedschaft rechtfertigt Annahme des missbräuch­lichen Umgangs mit Waffen und Munition

Das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass Mitglieder der Rocke­r­grup­pierung Gremium MC waffenrechtlich unzuverlässig sind, so dass die ihnen erteilten Waffen­besitzer­laubnisse aufzuheben sind.

In den drei zugrunde liegenden Berufungs­ver­fahren wandten sich die Kläger gegen den Widerruf der ihnen erteilten Erlaubnis zum Besitz von Waffen. Der Widerruf wurde mit der Zugehörigkeit der Kläger zur Rockergruppierung Gremium MC begründet. Zwei der Kläger sind Mitglieder, der Dritte ist Ehrenpräsident eines "Chapter" - einer Ortsgruppe - dieser Gruppierung. Das Verwal­tungs­gericht Trier hatte in den beiden dort anhängigen Verfahren die Klagen abgewiesen. Das Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße hatte hingegen in dem bei ihm anhängigen Verfahren der Klage stattgegeben.

OVG: Erlaubnisse zum Besitz von Waffen zu Recht widerrufen

Das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz bestätigte die Entscheidungen des Verwal­tungs­ge­richts Trier und wies die hiergegen eingelegten Berufungen der Kläger zurück. Zugleich hob es auf die Berufung des Beklagten Rhein-Pfalz-Kreises das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Neustadt an der Weinstraße auf und wies die Klage ab. Die den Klägern erteilten Erlaubnisse zum Besitz von Waffen seien zu Recht widerrufen bzw. zurückgenommen worden. Es fehle den Klägern an der erforderlichen waffen­recht­lichen Zuverlässigkeit. Die Mitgliedschaft im Gremium MC rechtfertige die Annahme, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden oder nicht berechtigten Personen überlassen würden.

Mitgliedschaft in Rocke­r­grup­pierung kann Annahme der Unzuver­läs­sigkeit stützen

An die geforderte Prognose dürften keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Sie habe sich an dem Zweck des Gesetzes zu orientieren, wonach die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden seien, nur bei solchen Personen hinzunehmen seien, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen rechtfertigten, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgingen. Da es sich um eine Progno­se­ent­scheidung handele, hindere der Einwand der Kläger, in straf­recht­licher Hinsicht unbescholten zu sein, die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht. Die Prognose sei zwar auf diejenige Person zu beziehen, deren Zuverlässigkeit in Frage stehe. Individuelle Verhal­ten­spo­tenziale würden jedoch auch durch das soziale Umfeld bestimmt. Schließe sich eine Person einer Gruppe an, so lasse dies Rückschlüsse zu. Mit einer Entscheidung für die Gruppen­zu­ge­hö­rigkeit werde zum Ausdruck gebracht, mit den Regeln dieser Gruppe einverstanden zu sein und ihre Wertvor­stel­lungen zu teilen. Die Gruppen­zu­ge­hö­rigkeit könne nach einem Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts zur Mitgliedschaft in einer örtlichen Organi­sa­ti­o­ns­einheit der Rocke­r­grup­pierung Bandidos als Tatsache die Annahme der Unzuver­läs­sigkeit stützen, wenn bestimmte Struk­tur­merkmale der Gruppe die Annahme rechtfertigten, dass gerade auch die in Rede stehende Person künftig Waffen oder Munition missbräuchlich verwenden oder nicht berechtigten Personen überlassen werde. Nach diesen Maßstäben sei die waffen­rechtliche Unzuver­läs­sigkeit der Kläger aufgrund ihrer Mitgliedschaft bzw. Ehren­prä­si­dent­schaft im Gremium MC gegeben.

"Rocke­r­kri­mi­nalität" wird seit Jahren Bereich der Organisierten Kriminalität zugeordnet

Bundes­kri­mi­nalamt und Landes­kri­mi­na­lämter ordneten die "Rocke­r­kri­mi­nalität" seit Jahren dem Bereich der Organisierten Kriminalität zu. Zu den Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) gehörten fünf Rocke­r­grup­pie­rungen, u.a. der Gremium MC. Typische Deliktsfelder seien der Drogen- und Waffenhandel. Dies belegten insbesondere Drogen- und Waffenfunde bei polizeilichen Durchsuchungen. Beispielhaft werde auf solche beim Gremium MC Landau im Jahre 2013 verwiesen, denen auch erhebliche strafrechtliche Verurteilungen folgten. Die Angehörigen des Gremium MC trügen Rivalitäten und Konflikte mit anderen Rocke­r­grup­pie­rungen um territorialen und finanziellen Machtzuwachs häufig mit Gewalt aus. Dieses szenetypische Verhalten sei als wesensprägendes Strukturmerkmal anzusehen. Einer der folgenreichsten Vorfälle habe sich im Jahr 2011 ereignet: Bei gewalttätigen Konflikten zwischen Mitgliedern des Gremium MC und den Hells Angels sei ein unbeteiligter Jugendlicher durch ein Mitglied des Gremium MC schwer verletzt worden. Gegen den Regionalverband des Gremium MC in Sachsen und weitere Unter­grup­pie­rungen sei deswegen ein Vereinsverbot erlassen worden, dass das Bundes­ver­wal­tungs­gericht mit Urteil vom 7. Januar 2016 als rechtmäßig bestätigt habe. Darüber hinaus gebe es bundesweit weitere Berichte von gewalttätig ausgetragenen Konflikten, an denen Mitglieder des Gremium MC beteiligt gewesen seien und die eine hohe Gewalt­be­reit­schaft erkennen ließen. Unter diesen Umständen sei die teilweise von Kriminologen geäußerte Kritik, die Polizei schaffe selbst ein Bedro­hungs­szenario und suggeriere eine Gefahrenlage, nicht nachvollziehbar. Wie andere Rocke­r­grup­pie­rungen auch zeichne sich der Gremium MC durch hierarchische und autoritäre Strukturen, ein starkes Zusam­men­ge­hö­rig­keits­gefühl im Sinne einer Bruderschaft der Mitglieder, ein formalisiertes Aufnah­me­ver­fahren für neue Mitglieder, ein Schweigegebot und einen Ehrenkodex aus. Die örtlichen Organi­sa­ti­o­ns­ein­heiten seien miteinander vernetzt. Eine bloß regionale Sichtweise bezogen auf das einzelne Chapter und seine Umgebung werde diesen Strukturen nicht gerecht.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online,

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