23.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil24.02.2012

Lehrer wegen sexuellem Missbrauch von Schüler aus Dienst entferntLehrer muss sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt verhalten

Sexuelle Handlungen zwischen Lehrern und minderjährigen Schülern führen grundsätzlich zur Entfernung des Beamten aus dem Dienst. Aber auch unabhängig vom Alter der Schüler stellen sexuelle Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern ein Dienstvergehen dar. Dies entschied das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Der 1964 geborene Beklagte war Lehrer an einer Förderschule. Im Juni 2010 besuchte er im Rahmen des "Sport- und Erlebnistages" seiner Schule mit mehreren Schülern der sechsten bis zehnten Klassen ein Freizeitbad. Nach den Feststellungen im später gegen ihn ergangenen Strafbefehl, mit dem der Beklagte zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, griff der Beklagte - zunächst im Rutsch-, dann im Sprudel- und sodann wieder im Rutschbecken - einem 14-jährigen Schüler mehrfach an Hoden, Penis und Po, gab ihm mehrere Zungenküsse, zog dessen Kopf an seine Genitalien heran, fasste ihm in die Badehose, drückte dann seinen erigierten Penis an den des Jungen und schob den Schüler später auf seinem Schoß sitzend wie beim Geschlechtsakt vor und zurück. Wegen dieses sexuellen Missbrauchs entfernte das Verwal­tungs­gericht den Lehrer aus dem Beamten­ver­hältnis. Das Oberver­wal­tungs­gericht bestätigte diese Entscheidung und nahm sie zum Anlass für grundsätzliche Ausführungen:

Sexuelle Handlungen stellen Verstoß gegen den Kernbereich der dienstlichen Pflichten eines Lehrers dar

Die Wahrung der Persön­lich­keits­rechte der Schüler, die Pflicht zur Gewährleistung ihrer behutsamen persönlichen Entwicklung sowie Anspruch und Vertrauen der Eltern darauf, dass Lehrer das aufgrund der allgemeinen Schulpflicht bestehende Obhuts- und Näheverhältnis zu den Schülern nicht zur Verfolgung eigener Bedürfnisse ausnutzen, verpflichte den Lehrer dazu, sich in sexueller Hinsicht uneingeschränkt korrekt zu verhalten. Diese Verpflichtung bestehe nicht nur gegenüber minderjährigen, sondern wegen des erforderlichen Vertrauens in die Unvor­ein­ge­nom­menheit der Lehrer auch volljährigen Schülern gegenüber. Deshalb verstoße ein Lehrer im Kernbereich gegen seine dienstlichen Pflichten, wenn er sexuelle Handlungen zwischen ihm und Schülern zulasse. Dies gelte unabhängig von einem konkreten Abhängigkeits- oder Obhuts­ver­hältnis zwischen Lehrer und Schüler und auch dann, wenn die Handlung mit dem (vermeintlichen) Einverständnis des Schülers erfolge.

Diszi­pli­n­a­r­maßnahme setzt nicht voraus, dass das beanstandete Verhalten einen Straftatbestand erfüllt

Die im Diszi­pli­na­r­ver­fahren auszusprechende Sanktion bemesse sich maßgeblich nach Art und Ausmaß der Pflicht­ver­letzung sowie des Vertrau­ens­ver­lustes des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Welche Disziplinarmaßnahme angemessen sei, hänge deshalb nicht davon ab, ob das Verhalten des Beamten einen Straftatbestand erfülle und welcher Strafrahmen hierfür gelte. Da sexuelle Übergriffe auf Minderjährige in höchstem Maße schädliche Auswirkungen auf die seelische und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen hätten sowie das Vertrauen der Eltern in ein partner­schaft­liches Zusammenwirken mit der Schule bei der Erfüllung des staatlichen Erzie­hungs­auf­trages zerstöre, seien solche Handlungen grundsätzlich mit der diszi­pli­na­rischen Höchstmaßnahme zu ahnden. Deshalb habe der Beklagte aus dem Beamten­ver­hältnis entfernt werden müssen. Milde­rungs­gründe, die ausnahmsweise ein Absehen von der Diens­tent­fernung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Insbesondere der Einwand, es habe sich um einen einmaligen Übergriff gehandelt, erlaube nicht den Verbleib des Beklagten im Beamten­ver­hältnis. Schließlich könne der Beklagte zu seinen Gunsten nichts daraus herleiten, dass er zu einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr verurteilt worden sei. Wegen der unter­schied­lichen Zwecke von Straf- und Diszi­pli­narrecht komme es auf das Maß der straf­recht­lichen Verurteilung für die Bemessung der Diszi­pli­n­a­r­maßnahme nicht an.

Quelle: ra-online, Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (pm/pt)

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