18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss20.11.2020

Keine Befreiung vom schulischen Präsen­z­un­terricht wegen der Corona-PandemieBefreiung nur bei unzumutbarem Anste­ckungs­risiko möglich

Ein Schüler eines Gymnasiums in Kaiserslautern hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Präsen­z­un­terricht und Erteilung von Fernunterricht wegen der Corona-Pandemie. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz in einem Eilrechts­schutz­verfahren und bestätigte damit die entsprechende Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Neustadt an der Weinstraße.

Der Antragsteller, der ein Gymnasium in Kaiserslautern besucht, beantragte Mitte September 2020 die Befreiung vom Präsen­z­un­terricht und die Erteilung von Fernunterricht mit der Begründung, er leide an Asthma bronchiale und gehöre daher zu einer Risikogruppe für die Erkrankung Covid-19. Außerdem sei sein 73-jähriger Vater ebenfalls erhöht gefährdet. Nach Ablehnung seines Antrags durch das Land Rheinland-Pfalz suchte der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße nach. Das Verwal­tungs­gericht lehnte seinen Eilantrag ab. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberver­wal­tungs­gericht zurück.

Kein Anspruch auf Befreiung vom Präsen­z­un­terricht

Dem Antragsteller stehe kein Anspruch auf Befreiung vom Präsen­z­un­terricht und Erteilung von Fernunterricht zu. An dem im Schulgesetz verankerten Grundsatz des Präsen­z­un­ter­richts habe das Land Rheinland-Pfalz bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auch nach der aktuellen Zwölften Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung vom 30. Oktober 2020 festgehalten. Diese Grund­ent­scheidung stehe zumindest derzeit mit der verfas­sungs­recht­lichen Pflicht des Staates zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit in Einklang. Die Verfassung gebiete keinen vollkommenen Schutz vor jeglichen Gesund­heits­ge­fahren, zumal im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ein gewisses Infek­ti­o­ns­risiko mit dem Corona-Virus derzeit für die Gesamt­be­völ­kerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre.

Befreiung vom Präsen­z­un­terricht nur im Einzelfall möglich

Eine Befreiung vom Präsen­z­un­terricht komme nach dem Schulgesetz nur im Einzelfall für Schüler in Betracht, die aus gesund­heit­lichen Gründen nicht schul­be­suchsfähig seien. Ein Recht auf Befreiung bestehe danach grundsätzlich nur dann, wenn die Teilnahme am Präsen­z­un­terricht trotz der getroffenen Hygie­ne­maß­nahmen unzumutbar sei, wenn also die getroffenen Hygie­ne­maß­nahmen nicht (mehr) geeignet sein sollten, die Wahrschein­lichkeit einer Ansteckung bzw. eines schweren Krank­heits­verlaufs im Einzelfall auf ein zumutbares Maß zu reduzieren.

Diagnose "Asthma" nicht ausreichend für Befreiung vom Präsen­z­un­terricht

Wie das Verwal­tungs­gericht bereits zutreffend ausgeführt habe, seien die vom Antragsteller vorgelegten Atteste ungeeignet, diese Voraussetzungen für eine Befreiung glaubhaft zu machen. Die ärztliche Diagnose "Asthma bronchiale" und die Angabe im Attest, zu einer Risikogruppe zu gehören, reichten hierfür nicht aus. Nicht jede Zugehörigkeit zu einer nicht näher spezifizierten sogenannten Risikogruppe ziehe automatisch - unabhängig von der Anwendung des "Hygieneplans-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz" in der Praxis - einen Anspruch auf Befreiung vom Präsen­z­un­terricht nach sich. Außerdem gehe der Antragsteller nicht auf die vom Land vorgelegte Stellungnahme der Landes­ärz­te­kammer vom 21. September 2020 ein, wonach es aus ärztlicher Sicht nur sehr wenige Diagnosen gebe, die die Befreiung vom Präsen­z­un­terricht in der Schule rechtfertigten, was explizit auch für die Diagnose "Asthma" gelte.

Kein Anspruch auf "Vollisolation des Famili­en­ver­bundes"

Bezüglich der vom Antragsteller geltend gemachten erhöhten Vulnerabilität seines 73-jährigen Vaters sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass es nicht im Verant­wor­tungs­bereich des Antragsgegners liege, dem Antragsteller und seinem Vater ein absolut risikofreies Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt zu ermöglichen. Es sei den einzelnen Famili­en­mit­gliedern zumutbar, selbst verstärkte Hygie­ne­maß­nahmen zu ergreifen, wenn sie dies für notwendig erachteten. Einen Anspruch auf "Vollisolation des Famili­en­ver­bundes" hätten sie nicht.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, ra-online (pm/aw)

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