21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss08.10.2019

Entlassung eines Soldaten auf Zeit wegen Verweigerung des Handschlags gegenüber Frauen gerechtfertigtVerweigerung des Handschlags gegenüber Frauen widerspricht grundgesetzlich angeordneter Gleichstellung von Mann und Frau und stellt Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dar

Die Weigerung eines Soldaten auf Zeit, aus religiösen Gründen Frauen die Hand zu geben, rechtfertigt seine Entlassung. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens war seit 2015 Soldat auf Zeit. Im Jahr 2017 unterrichtete das Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst das Bundesamt für das Perso­nal­ma­na­gement der Bundeswehr darüber, dass über den Kläger Erkenntnisse mit Bezügen zum Extremismus vorlägen. Er sei zum Islam konvertiert und habe damit einhergehend sein Erschei­nungsbild bezüglich Bartwuchs und Bekleidung sowie sein Verhalten geändert. Es bestehe der Verdacht, dass er sich in einem religiös motivierten Radika­li­sie­rungs­prozess befinde. Bei einer Befragung habe er unter anderem geäußert, wenn er Frauen nicht die Hand gebe, dann sei das seine Sache. Nach Anhörung des Klägers wurde er mit Bescheid vom Mai 2018 aus dem Dienst­ver­hältnis eines Soldaten auf Zeit entlassen.

Verhalten des Soldaten lässt ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung und des Ansehens der Bundeswehr befürchten

Seine hiergegen erhobene Klage wies das Verwal­tungs­gericht Koblenz ab. Das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz bestätigte diese Entscheidung und lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ab. Das Verwal­tungs­gericht habe die Klage gegen den Entlas­sungs­be­scheid zu Recht abgewiesen. Es sei zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger durch seine auf religiösen Gründen beruhende Weigerung, Frauen die Hand zu geben, gegen die sich aus dem Soldatengesetz (SG) ergebenden Pflichten zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie zu achtungs- und vertrau­ens­würdigem Verhalten (vgl. § 8 und § 17 Abs. 2 SG) schuldhaft verstoßen habe. Beide Pflichten seien dem militärischen Kernbereich zuzuordnen, da sie unmittelbar die Einsatz­be­reit­schaft der Bundeswehr beträfen. Deshalb lägen auch die übrigen Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 SG für die Entlassung des Klägers aus dem Dienst­ver­hältnis eines Soldaten auf Zeit vor, nämlich eine ernstliche Gefährdung der militärischen Ordnung und des Ansehens der Bundeswehr im Falle seines Verbleibs in seinem Dienst­ver­hältnis.

Entlassung beruht auf Verletzung militärischer Dienstpflichten

Dass der Kläger sich aus religiösen Gründen weigere, Frauen die Hand zu geben, werde nicht durch sein Vorbringen in Frage gestellt, er respektiere Frauen, habe mit ihnen problemlos zusam­men­ge­ar­beitet und gebe aus hygienischen Gründen auch anderen Menschen nur in Ausnahmefällen die Hand. Vielmehr bestätige dies gerade die ausnahmslose Weigerung, Frauen die Hand zu geben. Der Hinweis des Klägers auf mögliche andere Gründe für sein Verhalten gegenüber Frauen sei angesichts seiner konsequenten Hinwendung zum Islam als bloße Schutz­be­hauptung anzusehen. Die hinter der Verweigerung des Handschlags gegenüber Frauen stehende Einstellung des Klägers widerspreche der grundgesetzlich angeordneten Gleichstellung von Mann und Frau (vgl. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) und stelle zugleich eine Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des § 8 SG dar. Auch sei darin ein Verstoß gegen die Verpflichtung zu achtungs- und vertrau­ens­würdigem Verhalten im Sinne des § 17 Abs. 2 SG zu sehen. Unabhängig davon, dass keine Vorschrift die Begrüßung per Handschlag gebiete, rechtfertige das Verhalten des Klägers die Annahme, dass er Kameradinnen nicht ausreichend respektiere und dadurch den militärischen Zusammenhalt sowie die Einsatz­fä­higkeit der Bundeswehr gefährde. Insofern habe das Verwal­tungs­gericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Weigerung, Frauen die Hand zu geben, die Erfüllung des grund­ge­setz­mäßigen Auftrags der Streitkräfte und die Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebes beeinträchtige. Entsprechendes gelte für die vom Verwal­tungs­gericht zutreffend festgestellte Beein­träch­tigung des Ansehens der Bundeswehr, denn ein vernünftiger, objektiv wertender Dritter werde darin, dass ein Soldat aus religiösen Gründen Soldatinnen nicht die Hand gebe, ohne Weiteres erhebliche Zweifel haben, ob dieser bereit und in der Lage sei, den Auftrag der Bundeswehr zu erfüllen und dabei insbesondere auch für Soldatinnen einzustehen. Die Entlassung des Klägers beruhe demnach auf einer Verletzung militärischer Dienstpflichten und nicht - wie vom Kläger geltend gemacht - auf einer "Vorverurteilung von Personen muslimischen Glaubens" und deren bloßer Religi­o­ns­ausübung.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online (pm/kg)

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