23.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil22.11.2019

Lärmbelastungen durch Veranstaltungen in Mehrzweckhalle für Anwohner nicht unzumutbarZugelassene Veranstaltungen verstoßen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten der Nachbarn

Die in Erweiterung des ursprünglichen Nutzungs­konzepts genehmigten acht Veranstaltungen pro Jahr in der Mehrzweckhalle in Mudersbach (Verbands­ge­meinde Kirchen), die erst um 24.00 bzw. 3.00 Uhr nachts enden, verursachen keine unzumutbaren Lärmbelastungen für die in einem allgemeinen Wohngebiet lebenden Nachbarn. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: In der im Jahr 2010 vom beklagten Landkreis Altenkirchen erteilten Baugenehmigung für die Mehrzweckhalle der Ortsgemeinde Mudersbach war eine Beendigung der Gebäudenutzung bis spätestens 21.30 Uhr vorgegeben. Auf Antrag der Ortsgemeinde erteilte der Landkreis ihr im August 2017 eine Nachtrags­bau­ge­n­eh­migung, mit der in Umsetzung ihres zwischen­zeitlich erstellten Nutzungs­er­wei­te­rungs­konzepts acht Veranstaltungen örtlicher Vereine und Gruppen zugelassen wurden, deren Ende für 24.00 bzw. 3.00 Uhr nachts vorgesehen war. Ein Anwohner, dessen Wohnhaus in unmittelbarer Nähe der Halle liegt, erhob hiergegen Klage.

Zugelassene acht Veranstaltungen führen nicht zu unzumutbaren Lärmbelastungen

Das Verwal­tungs­gericht Koblenz gab der Klage statt und hob die Nachtrags­bau­ge­n­eh­migung auf. Auf die hiergegen erhobene Berufung der beigeladenen Ortsgemeinde wies das Oberver­wal­tungs­gericht hingegen die Klage ab. Die Nachtrags­bau­ge­n­eh­migung verstoße nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu Lasten des Klägers, weil von den zugelassenen acht Veranstaltungen keine unzumutbaren Lärmbelastungen auf sein Grundstück einwirkten. Da für Lärmimmissionen von Veranstaltungen der hier vorliegenden Art keine Grenzwerte gesetzlich festgelegt seien, sei die Zumut­ba­r­keits­grenze anhand einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und insbesondere der speziellen Schutz­wür­digkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Technische Regelwerke, die Richtwerte zu der in Betracht kommenden Belastungsart enthielten, dürften dabei als Orien­tie­rungshilfe herangezogen werden. Nach Auffassung des Gerichts sei dies im vorliegenden Fall der Nutzung einer Mehrzweckhalle die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm). Für die erforderliche Zumut­ba­r­keits­be­trachtung sei auf die Regelungen der TA-Lärm über "seltene Ereignisse" abzustellen, für die höhere Immis­si­ons­richtwerte als die in einem allgemeinen Wohngebiet - wie hier - an sich maßgebenden Werte zulässig seien.

Nachgenehmigte Veranstaltungen sind als "seltene Ereignisse" im Sinne der TA-Luft zu betrachten

Entgegen der Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts seien die von der Beigeladenen beantragten und in die Nachtrags­bau­ge­n­eh­migung aufgenommenen Veranstaltungen als "seltene Ereignisse" im Sinne der TA-Luft zu betrachten. Hierzu zählten zum Beispiel herausgehobene Veranstaltungen der Kommune oder örtlicher Vereine aus besonderem Anlass, die zu den typischen Erschei­nungs­formen gemeindlichen Lebens gehörten, sodass sie von der Nachbarschaft in höherem Maße als sozialadäquat akzeptiert würden als etwa rein gewerbliche Aktivitäten oder durch rein private Feiern hervorgerufene Lärmimmissionen. Diese Voraussetzungen seien in Bezug auf die hier zugelassenen acht Veranstaltungen - die beiden Jahreskonzerte des Chors und des örtlichen Musikvereins bzw. den Königsball zu Ehren des Schützenkönigs, die vier Aufführungen der örtlichen Theatergruppe sowie eine Jubilä­ums­ver­an­staltung eines sonstigen örtlichen Vereins oder der Ortsgemeinde - erfüllt.

Mögliche Anzahl für Zulassung "seltener Ereignisse" nicht überschritten

Aufgrund des Ergebnisses eines schall­schutz­tech­nischen Gutachtens sei davon auszugehen, dass sowohl die durch die Parkvorgänge (Abfahrten nach Veran­stal­tungsende) verursachten Lärmimmissionen als auch die durch den Veran­stal­tungs­betrieb im Innern der Halle selbst auftretenden Geräu­schim­mis­sionen unterhalb des bei "seltenen Ereignissen" erhöhten Immis­si­ons­richt­wertes der Nachtzeit lägen. Auch sei die mögliche Anzahl für die Zulassung "seltener Ereignisse" nicht überschritten, die nach der TA-Lärm auf zehn Kalendertage eines Kalenderjahres begrenzt sei. Denn dabei sei eine vor 22.00 Uhr beginnende Veranstaltung, die sich über 24.00 Uhr hinaus auf den folgenden Kalendertag erstrecke, als ein einheitlich zu betrachtender Vorgang aufzufassen und daher nicht als zwei, sondern nur als ein "besonderes Ereignis" zu bewerten.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz/ra-online (pm/kg)

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