21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil07.11.2019

ADHS-Erkrankung im Erwach­se­ne­nalter berechtigt nicht zum Prüfungs­rücktrittKrankheit ist als Dauerleiden anzusehen und stellt somit keine zum Prüfungs­rücktritt berechtigende Erkrankung dar

Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass eine ADHS-Erkrankung (Aufmerksamkeits­defizit-/Hyper­aktivitäts­störung) im Erwach­se­ne­nalter prüfungs­rechtlich ein Dauerleiden ist und deshalb nicht zum Rücktritt von Prüfungen berechtigt.

Im zugrunde liegenden Verfahren war der im Studiengang Bachelor of Laws eingeschriebene Kläger nach Diagnos­ti­zierung dieser Erkrankung von erfolglosen Prüfungs­ver­suchen zurückgetreten und wollte neue Prüfungschancen gewährt bekommen. Seine Berufung hatte keinen Erfolg.

ADHS im Erwach­se­ne­nalter ist als Dauerleiden anzusehen

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen kam nach Einholung medizinischer Sachver­stän­di­gen­gut­achten zu dem Schluss, dass ADHS im Erwach­se­ne­nalter als Dauerleiden anzusehen ist, und führte dazu aus, das ein Dauerleiden eine Beein­träch­tigung des Gesund­heits­zu­stands sei, die die erhebliche Einschränkung der Leistungs­fä­higkeit trotz ärztlicher Hilfe prognostisch nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft oder doch auf unbestimmte, nicht absehbare Zeit ohne sichere Heilungschance bedinge. Dauerleiden prägten als persön­lich­keits­be­dingte Eigenschaften die Leistungs­fä­higkeit des Prüflings. Ihre Folgen bestimmten deshalb im Gegensatz zu sonstigen krank­heits­be­dingten Leistungs­min­de­rungen das normale Leistungsbild des Prüflings. Sie seien mithin zur Beurteilung der Befähigung bedeutsam, die durch die Prüfung festzustellen sei.

ADHS nach gegenwärtigem Forschungsstand nicht heilbar

Die Erkrankung ADHS im Erwach­se­ne­nalter sei nach gegenwärtigem Forschungsstand nicht heilbar, auch weil die genauen Ursachen nicht bekannt seien. Die erforderliche medizinische Behandlung durch monatelange Psychotherapie und gegebenenfalls zusätzlich medikamentös durch Methylphenidat sei daher nur auf den Umgang mit den Krank­heits­sym­ptomen mit dem Ziel der Verbesserung der Alltags­kom­petenz und der Lebensqualität gerichtet. Die angestrebte Persön­lich­keits­ver­än­derung hin zu einem prüfungs­recht­lichen "Normalzustand", der als "gesund" oder jedenfalls im Wesentlichen "symptomfrei" zu bewerten sei, könne nicht hinreichend sicher erreicht werden; das wäre nur dann der Fall, wenn ein solcher Behand­lungs­erfolg nur ausnahmsweise nicht erreichbar wäre. Außerdem erfordere selbst eine erfolgreiche Behandlung nicht absehbare Zeit. Beides schließe die Bewertung der Krankheit als eine zum Prüfungs­rücktritt berechtigende Erkrankung, die nur zu einer zeitweisen Beein­träch­tigung des physischen oder psychischen Zustands eines Prüflings führt, aus.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online (pm/kg)

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