18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil04.05.2017

Kein Flücht­lings­status für Syrer im wehrdienst­fähigen AlterVerfolgung durch syrischen Staat auch bei Flucht vor Wehrdienst nicht unmittelbar wahrscheinlich

Das Ober­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass einem 20-jährigen Syrer, der vor dem Bundesamt angegeben hatte, wegen des Militärdienstes Syrien verlassen zu haben, nicht die Flüchtlings­eigenschaft zuzuerkennen ist. Da Gericht verwies darauf, dass nicht davon auszugehen sei, dass zurückkehrende Asylbewerber, die sich dem Wehrdienst durch Flucht entzogen haben und deshalb bei Rückkehr gesetzmäßige, aber auch extralegale Bestrafung bis hin zu Folter zu befürchten hätten, in Verknüpfung mit einer vom syrischen Staat zugeschriebenen politischen Überzeugung als politische Gegner verfolgt würden.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens, der weder Mitglied in bewaffneten oder politischen Organisationen noch sonst politisch aktiv war, erhielt im Juni 2014 eine Aufforderung, am 19. März 2015 seinen Wehrdienst in der syrischen Armee anzutreten. Er floh im September 2014 über die Türkei und die Balkanroute nach Deutschland und beantragte dort Asyl. Das Bundesamt gewährte subsidiären Schutz wegen der auf Grund des Bürgerkriegs drohenden Gefahren, versagte aber die Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft. Diese begehrte der Kläger mit einer vor dem Verwal­tungs­gericht Düsseldorf erhobenen Klage, die Erfolg hatte.

OVG verneint Anspruch auf Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft

Auf die Berufung der Bundesrepublik Deutschland änderte das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Düsseldorf und wies die Klage ab. In einer ersten Grund­sat­z­ent­scheidung vom 21. Februar 2017 entschied das Oberver­wal­tungs­gericht, dass syrische Asylbewerber nicht generell als Flüchtlinge anzuerkennen sind; die Frage der Wehrdiens­t­ent­ziehung hatte sich in dem Verfahren nicht gestellt. Zur Begründung der jetzigen Entscheidung führte das Gericht aus, dass die Zuerkennung der Flücht­lings­ei­gen­schaft erfordere, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit wegen seiner politischen Überzeugung oder Religion eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte drohe. Entgegen der Annahme des Verwal­tungs­ge­richts könne das nicht festgestellt werden. Es gebe keine Erkenntnisse, dass rückkehrende Asylbewerber wegen des Umstandes, dass sie sich durch Flucht dem Wehrdienst entzogen haben, vom syrischen Staat als politische Gegner angesehen und verfolgt würden.

Verfolgung wegen Verweigerung des Militärdienstes im Zusammenhang mit völker­rechts­widrigen Kriegs­hand­lungen nicht zu erwarten

Die Annahme einer vom syrischen Staat zugeschriebenen gegnerischen politischen Gesinnung sei - wie bereits entschieden wurde - schon für Flüchtlinge, die allein vor den für Zivilisten drohenden Gefahren des Bürgerkriegs geflohen sind, lebensfremd. Die Annahme liege noch ferner für Flüchtlinge, für die der zusätzliche Fluchtgrund bestehe, sich vor den weitaus größeren Gefahren des unmittelbaren Kriegseinsatzes in Sicherheit zu bringen. Angesichts des kultu­r­über­greifend verbreiteten Phänomens der Furcht vor einem Kriegseinsatz als Motivation zur Wehrdiens­t­ent­ziehung in Kriegszeiten liegt es für jedermann auf der Hand, dass Flucht und Asylbegehren syrischer Wehrpflichtiger regelmäßig nichts mit politischer Opposition zum syrischen Regime, sondern allein mit - verständlicher - Furcht vor einem Kriegseinsatz zu tun hat. Es hieße, dem syrischen Regime ohne greifbaren Anhalt Reali­täts­blindheit zu unterstellen, wenn angenommen wird, es könne dies nicht erkennen und schreibe deshalb jedem Wehrdiens­t­ent­zieher eine gegnerische politische Gesinnung zu. Eine Verfolgung wegen Verweigerung des Militärdienstes im Zusammenhang mit völker­rechts­widrigen Kriegs­hand­lungen (insbesondere Kriegs­ver­brechen) drohe dem Kläger nicht. Zwar könne unterstellt werden, dass es durch die syrische Armee zu solchen Handlungen komme, der Kläger habe aber den Militärdienst nicht verweigert, sondern sich dem lediglich durch Flucht entzogen. Eine Verweigerung i.S. des § 3 a Abs. 2 Nr. 5 AsylG sei auch nicht bei einer hypothetischen Rückkehr zu erwarten.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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