23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 24822

Drucken
ergänzende Informationen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Urteil08.09.2017

Kuschelsocken als Zugabe bei preisgebundenen Arzneimitteln unzulässigApotheken dürfen nicht vom einheitlichen Apotheken­abgabe­preis abweichen

Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden, dass Deutsche Apotheker ihren Kunden beim Erwerb verschreibungs­pflichtiger und sonstiger preisgebundener Arzneimittel keine geldwerten Vorteile gewähren dürfen.

Die Klägerinnen des zugrunde liegenden Verfahrens, zwei Apothekerinnen aus dem Kreis Coesfeld, gaben in den Jahren 2013 und 2014 Gutscheine für eine Rolle Geschenkpapier bzw. ein Paar Kuschelsocken heraus. Diese Gutscheine wurden "bei Abgabe eines Rezeptes" eingelöst. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sah darin einen Verstoß gegen die Preisbindung für verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel und untersagte die Abgabe solcher Gutscheine. Dagegen klagten die Apothekerinnen.

Gericht bejaht Verstoß gegen die Preisbindung

Ihre Klagen hatten sowohl beim Verwal­tungs­gericht in Münster wie auch jetzt im Berufungs­ver­fahren vor dem Oberver­wal­tungs­gericht keinen Erfolg. Zur Begründung der Entscheidung führte das Oberver­wal­tungs­gericht aus, dass es deutschen Apothekern verboten sei, von dem sich aus der Arzneimittelpreisverordnung ergebenden einheitlichen Apothe­ke­n­ab­ga­bepreis abzugehen, insbesondere durch das Gewähren von Rabatten oder sonstigen Preisnachlässen sowie von Zuwendungen und Werbegaben und die Werbung hierfür. Gegen diese Preisbindung hätten die beiden Apothekerinnen verstoßen, weil die in dem Gutschein versprochene Sachzuwendung den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels für den Kunden günstiger erscheinen lasse. Der Kunde spare eigene Aufwendungen, indem er gegen Abgabe des Gutscheins eine Ware des täglichen Bedarfs erhalte. Dass diese nur einen geringen Wert (weniger als ,50 Euro) habe, sei im Rahmen der Preisbindung unerheblich, weil diese keine Bagatellgrenze für (zulässige) Abweichungen kenne.

Die Preis­bin­dungs­vor­schriften seien verfas­sungsgemäß. Sie dienten der bundesweiten gleichmäßigen Versorgung mit Arzneimitteln und verstießen weder gegen das Grundrecht der Berufs­aus­übungs­freiheit noch gegen den Gleichheitssatz.

Wettbe­wer­bs­vorteil für ausländische Versan­d­a­po­theken hat keine gravierenden Nachteile für inländische Apotheken

Das Unionsrecht sei ebenfalls nicht verletzt. Es lasse bei Arzneimitteln nationale Vorschriften zur Preisbindung und zu deren Durchsetzung zu. Daran ändere auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 nichts, nach dem die Preis­bin­dungs­vor­schriften für ausländische Versan­d­a­po­theken nicht gälten. Dieser Wettbe­wer­bs­vorteil für ausländische Versan­d­a­po­theken habe sich noch nicht gravierend zu Lasten inländischer Apotheken ausgewirkt. Ob, wann und wie der nationale Gesetzgeber auf die Entscheidung des Gerichtshof der Europäischen Union reagieren werde, um die Inlän­der­dis­kri­mi­nierung zu beseitigen, aber gleichwohl die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten, sei offen.

Jedenfalls seien die Apothe­ker­kammern nicht gehalten, bei dieser Sachlage von Maßnahmen bei Verstößen gegen nationale Preis­bin­dungs­vor­schriften abzusehen.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24822

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI