15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.

Dokument-Nr. 27249

Drucken
Beschluss01.04.2019Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen12 B 43/19 und 12 B 1435/18
Vorinstanz:
  • Vorinstanz zu 12 B 43/19 Verwaltungsgericht Köln - 25 L 1862/18 - Vorinstanz zu 12 B 1435/18 Verwaltungsgericht Minden - 6 L 958/18 -
ergänzende Informationen

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss01.04.2019

"Wieder­belegungs­sperre" zur Durchsetzung einer Einzel­zim­merquote in Pflegeheimen rechtswidrigOrdnungs­rechtliche Umsetzungsfrist von knapp vier Jahren für betroffene Einrichtungs­betreiber unver­hält­nismäßig kurz bemessen

Die Betreiber zweier Alten­pfle­geheime in Köln und im Kreis Gütersloh haben sich erfolgreich gegen die Vollziehung sogenannter Wieder­belegungs­sperren zur Wehr gesetzt, welche die Stadt bzw. der Kreis zur Durchsetzung einer Einzel­zim­merquote von 80 % angeordnet hatten. Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen gab den Beschwerden der Betreiber statt und änderte die erstin­sta­nz­lichen Entscheidungen der Verwal­tungs­ge­richte Köln und Minden.

Nach dem nordrhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetz müssen bestehende Pflege­ein­rich­tungen bis zum 31. Juli 2018 einen Anteil der Einzelzimmer von mindestens 80 % innerhalb eines Gebäudes oder eines räumlich verbundenen Gebäu­de­kom­plexes aufweisen. Im zugrunde liegenden Fall lag der entsprechende Anteil in den hier betroffenen Einrichtungen Ende Juli/Anfang August 2018 bei rund 54 % bzw. 46 %. Die Betreiber hatten allerdings bereits Schritte eingeleitet, um die Quote nach anstehenden Umbau- bzw. Neubaumaßnahmen künftig zu erfüllen. Die Stadt Köln und der Kreis Gütersloh gaben den Betreibern auf, ab August 2018 in ihren Einrichtungen frei werdende Plätze solange nicht wieder zu belegen, bis eine Einzel­zim­merquote von 80 % erreicht sei. Sie beschränkten diese Sperre auf 10 bzw. 8 Plätze und verwiesen auf einen bindenden Erlass des zuständigen Landes­mi­nis­teriums aus April 2018.

OVG: Wieder­be­le­gungs­sperren erweisen sich als ermes­sens­feh­lerhaft und rechtswidrig

Das Oberver­wal­tungs­gericht Nordrhein-Westfalen führt in seiner Entschei­dungs­be­gründung aus, dass sich aufgrund der von der Stadt und dem Kreis angenommenen Bindung an die Vorgaben des ministeriellen Erlasses die Wieder­be­le­gungs­sperren als ermes­sens­feh­lerhaft und damit rechtswidrig erwiesen. So habe das Ministerium etwa darauf abgestellt, dass die Betreiber von Pflege­ein­rich­tungen schon aufgrund der im Jahre 2008 eingeführten Rechts­vor­schriften des Wohn- und Teilha­be­ge­setzes und der zugehörigen Durch­füh­rungs­ver­ordnung "zwingend" hätten erkennen können, dass die Erfüllung der Einzel­zim­merquote ordnungs­rechtlich ab 2018 gefordert sein werde.

Verordnung sah Einzel­zim­merquote von 80 % zunächst nur bei Neubauten vor

Das sei unzutreffend. Mit der Verordnung sei lediglich für bestehende Einrichtungen der Einglie­de­rungshilfe vorgegeben worden, dass diese bis zum 31. Juli 2018 eine Einzel­zim­merquote von 80 % zu erfüllen hätten. Die Vorschriften für Pflege­ein­rich­tungen hätten eine solche Quote seinerzeit lediglich bei Neubauten sowie bei Umbau- oder Moder­ni­sie­rungs­maß­nahmen gefordert. Erst durch das im Oktober 2014 in Kraft getretenen Gesetzesrecht seien die Betreiber bestehender Pflege­ein­rich­tungen ordnungs­rechtlich dazu verpflichtet worden, einen 80 prozentigen Anteil von Einzelzimmern bis Ende Juli 2018 zu realisieren. Das zuvor geltende Recht habe insoweit lediglich einen drohenden Verlust von Leistungs­ansprüchen vorgesehen.

Ordnungs­rechtliche Umsetzungsfrist unver­hält­nismäßig kurz bemessen

Zudem spreche viel dafür, dass die erst in 2014 in Gang gesetzte ordnungs­rechtliche Umsetzungsfrist von knapp vier Jahren angesichts des finanziellen und organi­sa­to­rischen Aufwands, der durch die Erfüllung der Einzel­zim­merquote entstehe, und der damit einhergehenden Schwere des Eingriffs in die Rechte der betroffenen Einrich­tungs­be­treiber unver­hält­nismäßig kurz bemessen sei.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online (pm)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss27249

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI