18.10.2024
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Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss07.03.2014

Journalist hat Anspruch auf Auskunft über Informationen des Aufsichtsrates über Verzögerungen beim Bau des Flughafens BERAntrag eines Journalisten auf Auskunft­s­er­teilung gegen die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH teilweise erfolgreich

Die Flug­hafen­gesellschaft ist verpflichtet, einem Journalisten der Zeitung "Die Welt" in schriftlicher Form Auskunft darüber zu geben, wann die Mitglieder des Aufsichtsrats der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH über Verzögerungen bei dem Bau des Flughafens Berlin-Brandenburg informiert worden sind, in welcher Form dies geschah, welche Verzögerungen den Mitgliedern des Aufsichtsrats mitgeteilt wurden und welche Begründung für die Verzögerung jeweils gegeben wurde. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Berlin-Brandenburg und hat damit eine Beschwerde der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH gegen eine entsprechende einstweilige Anordnung des Verwal­tungs­ge­richts Cottbus zurückgewiesen.

Der Journalist konnte sein Begehren auf den allgemeinen presse­recht­lichen Auskunftsanspruch des § 5 Abs. 1 des Branden­bur­gischen Pressegesetzes stützen.

Öffentliche Unternehmen können sich nicht auf Auskunft­ver­wei­gerung berufen

Der Auffassung der Flugha­fen­ge­sell­schaft, sie habe ein Auskunfts­ver­wei­ge­rungsrecht, weil Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstünden (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 des Branden­bur­gischen Pressegesetzes), ist das Oberver­wal­tungs­gericht nicht gefolgt. Es hat entschieden, dass sich öffentliche Unternehmen nicht auf diesen Grund für eine Auskunft­ver­wei­gerung berufen können. Ihren Interessen auf Wahrung ihrer Betriebs- und Geschäfts­ge­heimnisse werde durch die Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 des Branden­bur­gischen Pressegesetzes Rechnung getragen, wonach eine Auskunft verweigert werden kann, wenn ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Die danach erforderliche Abwägung des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses der Öffentlichkeit mit dem Interesse der Flugha­fen­ge­sell­schaft an der Geheimhaltung ihrer Betriebs- und Geschäfts­ge­heimnisse gehe zu Lasten der Flugha­fen­ge­sell­schaft aus. Die begehrten Auskünfte bezögen sich auf einzelne spezielle Fragen, an deren Bekanntwerden die Öffentlichkeit schon deshalb ein gesteigertes Interesse habe, weil die erheblichen Mehrkosten infolge der verzögerten Eröffnung des Flughafens letztlich in beträchtlichem Umfang von der Allgemeinheit über das Steueraufkommen zu tragen seien. Unmittelbar damit verknüpft sei das Interesse daran, die Ursachen und die (politisch) Verant­wort­lichen hierfür zu ermitteln. Die gesell­schafts­recht­lichen Interessen der Flugha­fen­ge­sell­schaft an der Geheimhaltung dieser Vorgänge müssten demgegenüber zurücktreten, zumal es sich um ein von der öffentlichen Hand getragenes Unternehmen handele.

Aufklä­rungs­arbeit des Unter­su­chungs­aus­schusses ist nicht mit eigenständiger Recherche und Berich­t­er­stattung durch die Presse identisch

Auch dem Einwand der Flugha­fen­ge­sell­schaft, eine Berich­t­er­stattung durch die Presse sei nicht erforderlich, weil die Vorgänge durch den vom Abgeord­ne­tenhaus des Landes Berlin eingerichteten Unter­su­chungs­aus­schuss aufgearbeitet würden, ist das Gericht nicht gefolgt. Diese Argumentation trage der Bedeutung der Presse im demokratischen Rechtsstaat nicht hinreichend Rechnung. Die Aufklä­rungs­arbeit, die der Unter­su­chungs­aus­schuss leiste, sei mit einer eigenständigen Recherche und Berich­t­er­stattung durch die Presse nicht identisch. Dem Interesse der Öffentlichkeit an Informationen sei vielmehr gerade deshalb ein noch höheres Gewicht beizumessen, weil sich ein parla­men­ta­rischer Unter­su­chungs­aus­schuss mit diesen Fragen befasse. Hinzu komme, dass ein Bedürfnis bestehe, die Tätigkeit des Unter­su­chungs­aus­schusses durch eine unabhängige Presse­be­rich­t­er­stattung zu begleiten.

Berich­t­er­stattung kommt wegen Aktualität des Themas besonderer Nachrichtenwert zu

Es bestehe auch das für diese Anordnung im Eilverfahren erforderliche besondere Eilbedürfnis, denn ein Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache sei unzumutbar, da der Berich­t­er­stattung wegen der Aktualität des Themas ein besonderer Nachrichtenwert zukomme.

Presse­recht­licher Auskunfts­ansprüche bezieht sich grundsätzlich nur auf Beantwortung konkreter Fragen

Erfolglos blieb demgegenüber das weitergehende Begehren des Antragstellers, ihm Einsicht in Form der Überlassung von Kopien aller Unterlagen zu gewähren, die die Mitglieder des Aufsichtsrates der Flugha­fen­ge­sell­schaft seit 2011 zum Ausbau und der geplanten Inbetriebnahme des Flughafens Berlin Brandenburg erhalten hätten, insbesondere, wenn diese mangelnde Baufortschritte aufzeigten oder Hinweise auf Verzögerungen der zunächst geplanten Inbetriebnahme des Flughafens zum Inhalt hätten. Das Oberver­wal­tungs­gericht hat hierzu entschieden, dass presse­rechtliche Auskunfts­ansprüche sich grundsätzlich nur auf die Beantwortung konkreter Fragen beziehen, nicht aber auf die Nutzung von Behördenakten durch Einsichtnahme in Fotokopien.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg/ra-online

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