21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil02.05.2019

Bedienung des Infotain­ment­systems bei 200 km/h auf der Autobahn stellt grob fahrlässiges Handeln darVerkehrs­erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat entschieden, dass ein Pkw Fahrer, der die Autobahn mit ca. 200 km/h befährt, grob fahrlässig handelt, wenn er sich nicht voll auf das Verkehrs­ge­schehen konzentriert, sondern seine Aufmerksamkeit - wenn auch nur kurz - auch auf das Infotain­ment­system richtet.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls, eine Autovermieterin, vermietete dem Beklagten einen Mercedes Benz CLS 63 AMG. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten war eine Haftungs­be­schränkung ohne Selbst­be­tei­ligung für den Fall einer Beschädigung des Mietfahrzeuges vereinbart worden. In den Allgemeinen Versi­che­rungs­be­din­gungen der Klägerin ist jedoch geregelt, dass diese berechtigt ist, zumindest teilweise Regress zu nehmen, wenn der Schaden am Mietfahrzeug grob fahrlässig herbeigeführt wurde.

Beklagte bedient Infotain­ment­system bei Fahrzeug­ge­schwin­digkeit von 200 km/h

Nach Überzeugung des Oberlan­des­ge­richts Nürnberg befuhr der Beklagte im April 2015 mit dem gemieteten Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h die Autobahn auf der linken Spur, während er gleichzeitig das Infotainment System des Fahrzeugs bediente, um dort Informationen abzurufen. Er geriet währenddessen mit dem Fahrzeug nach links von der Fahrbahn ab und stieß gegen die Mittel­leit­planke, wodurch das Fahrzeug stark beschädigt wurde. Die Klägerin war der Auffassung, dass der Beklagte grob fahrlässig handelte und nahm daher in Höhe von 50 % des entstandenen Unfallschadens bei diesem Regress.

Klägerin steht aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten Schadensersatz zu

Nachdem das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage zunächst abwies, verurteilte das Oberlan­des­gericht Nürnberg den Beklagten, an die Klägerin 11.947,69 Euro zu zahlen. Das Oberlan­des­gericht war der Auffassung, dass der Beklagte grob fahrlässig gehandelt habe und der Klägerin daher ein Schaden­s­er­satz­an­spruch zustehe. Die vereinbarte Haftungs­frei­stellung schließe die Haftung des Beklagten nicht aus, da diese für den Fall grob fahrlässigen Verhaltens jedenfalls in dem von der Klägerin geltend gemachten Umfang nicht greife.

Befahren der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h birgt hohes Gefah­ren­po­tential

Der Beklagte habe die verkehr­s­er­for­derliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Er habe die Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h befahren; dies beinhalte ein sehr hohes Gefah­ren­po­tential. Der Anhalteweg und die kinetische Energie bei einer Kollision sind gegenüber einer Geschwindigkeit von 130 km/h mehr als verdoppelt. Schon minimale Fahrfehler können typischerweise zu schweren Unfällen führen. In nahezu allen anderen Staaten der Welt seien derartige Geschwin­dig­keiten auf öffentlichen Straßen daher verboten. In Deutschland fehle zwar ein derartiges klares Verbot, es gelte aber die Autobahn-Richt­ge­schwin­digkeits-Verordnung, die vorgibt, dass bei höheren Geschwin­dig­keiten die Unfallgefahren selbst unter Ideal­be­din­gungen so erheblich zunehmen, dass sie bei verant­wor­tungs­be­wusster Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr dort nicht gefahren werden sollten.

Anforderungen an Konzentration des Fahrzeugführers steigen bei Überschreitung der Richt­ge­schwin­digkeit

Ein Verkehrs­teil­nehmer, welcher sein Fahrzeug mit höherer Geschwindigkeit als 130 km/h führt, müsse daher in besonderer Weise seine volle Konzentration auf das Führen des Fahrzeuges richten. Je stärker die Richtgeschwindigkeit überschritten werde, desto höher seien die Anforderungen an die Konzentration des Fahrzeugführers. Trotz der bei 200 km/h erforderlichen vollsten Konzentration auf das Fahrgeschehen und der drohenden schweren Unfallfolgen schon bei geringfügiger kurzzeitiger Ablenkung habe der Kläger das Infotainment System bedient; dies habe seine Aufmerksamkeit zumindest für Sekunden voll gebunden. Sein Verhalten stelle daher eine objektiv schwere und unentschuldbare Pflicht­ver­letzung dar und sei grob fahrlässig.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online (pm/kg)

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