23.11.2024
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Dokument-Nr. 10604

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Urteil19.11.2010Oberlandesgericht Köln6 U 38/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2011, 118Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 118
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Vorinstanz:
  • Landgericht Köln, Urteil04.02.2010, 81 O 119/09
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil19.11.2010

Werbung für Spiel­ge­mein­schaften zum Deutschen Lotto- und Toto-Block im Internet und am Telefon unzulässigOLG Köln zur Vereinbarkeit des Werbeverbots für öffentliches Glücksspiel mit europäischem Gemein­schaftsrecht

Die Werbung für die Zusammenführung von Spiel­in­ter­es­senten zu Spiel­ge­mein­schaften zum Deutschen Lotto- und Toto-Block im Internet und am Telefon ist unzulässig. Rechtsgrundlage für das Verbot ist § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit § 5 Abs. 3 des Glück­spielstaats­vertrages (GlüStV). Dies entschied das Oberlan­des­gericht Köln.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Verbrau­cher­schutz­verein gegen eine in Deutschland niedergelassene und im deutschen Handelsregister eingetragene Perso­nen­ge­sell­schaft, die in deutscher Sprache telefonisch gegenüber einer Deutschen sowie gegenüber den Lesern ihrer Internetseite mit der Top-Level-Domain „de“ für Spiel­ge­mein­schaften zum Deutschen Lotto- und Toto-Block geworben hatte.

Vereinbarkeit des Werbeverbots mit europäischem Gemein­schaftsrecht mangels grenz­über­schrei­tenden Sachverhalts der Werbung hier nicht entscheidend

Das Oberlan­des­gericht Köln nimmt einen Verstoß der Werbung gegen das Werbeverbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV an. Für den der Entscheidung zugrunde liegenden Fall stellt sich die Frage der Vereinbarkeit des Werbeverbots aus § 5 Abs. 3 GlüStV mit dem europäischen Gemein­schafts­rechts (Art. 49 des EG-Vertrages: Freiheit des Dienst­leis­tungs­verkehrs oder Art. 43 des EG-Vertrages: Nieder­las­sungs­freiheit) nicht, weil es in Bezug auf die angegriffene Werbung der Beklagten an einem grenz­über­schrei­tenden Sachverhalt fehlt. Nach Auffassung des Gerichts ist das Verhalten der Beklagten allein nach den für Inländer geltenden Regeln und damit nach § 5 Abs. 3 GlüStV zu beurteilen.

Öffentliches Glücksspiel und dazugehörige Werbung durch EuGH-Urteil nicht unbeschränkt zulässig

Unabhängig davon bejaht das Oberlan­des­gericht eine Vereinbarkeit des Verbots, für öffentliches Glücksspiel im Internet und Fernsehen sowie über Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­anlagen zu werben (§ 5 Abs. 3 GlüStV), mit europäischem Recht. Für die Richter folgt aus den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 nicht, dass das deutsche Glückss­pielrecht insgesamt europa­rechts­widrig und fortan öffentliches Glücksspiel und die Werbung dafür in Deutschland unbeschränkt zulässig wäre. Es könne insbesondere keine Rede davon sein, dass die von allen Glückss­pie­lan­bietern - in öffentlicher oder privater Trägerschaft - zu beachtenden allgemeinen Regeln wie das hier in Rede stehende Werbeverbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV durch vorrangige europa­rechtliche Normen suspendiert wären.

EuGH-Urteil weist auf Diffe­ren­zie­rungs­mög­lich­keiten der einzelnen Mitglieds­s­taaten hin

Den Vorla­ge­ent­schei­dungen des Europäischen Gerichtshofs sei eine so weitreichende Wirkung schon deshalb nicht beizumessen, weil der Gerichtshof keine eigenen Feststellungen zu den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen treffen konnte und entgegen der Annahme der vorlegenden Gerichte zum Zeitpunkt ihres Vorab­ent­schei­dungs­er­suchens derzeit nicht davon auszugehen sei, dass die staatlichen Stellen in Deutschland auf dem Glückss­piel­sektor eine Politik der Angebots­aus­weitung verfolgen. Weder die gerade im Hinblick auf einen erhöhten Spielerschutz erfolgte Änderung der für gewerbliche Automatenspiele maßgebenden Spielverordnung noch die im Gesamtvergleich geringen Marktanteile der staatlich konzes­si­o­nierten Spielkasinos und Anbieter von Pferdewetten belegten eine expansive Tendenz. Hinzu komme, dass der Gerichtshof zwar das Erfordernis einer insgesamt kohärenten Regelung betone, aber zugleich auf Diffe­ren­zie­rungs­mög­lich­keiten hingewiesen habe, die sich aus dem Ermessen der Mitglieds­s­taaten bei der Bestimmung des Niveaus des Verbrau­cher­schutzes und des Schutzes der Sozialordnung im Glückss­piel­sektor ergeben.

§ 5 Abs. 3 Glück­s­piel­staats­vertrag (GlüStV):

Werbung für öffentliches Glücksspiel ist im Fernsehen (§§ 7 und 8 Rundfunkstaats­vertrag), im Internet sowie über Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­anlagen verboten.

§ 4 Nr. 11 Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG):

Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Quelle: Oberlandesgericht Köln/ra-online

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