23.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil29.07.2016

Anspruch auf Rückzahlung einer geleisteten Nichtabnahme­entschädigungWiderruf von zwei Verbraucher­darlehens­verträgen auch nach Einigung zulässig

Der Beginn der Widerrufsfrist für einen Verbraucher­darlehens­vertrag wird nicht in Gang gesetzt, wenn der Beginn der Widerrufsfrist missver­ständlich ist. Der Darlehensnehmer kann daher selbst dann noch sein Widerrufsrecht ausüben, wenn er die Abnahme des Darlehens verweigert und eine Nichtabnahme­entschädigung bezahlt hat. Sein Anspruch auf Rückzahlung der Nichtabnahme­entschädigung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben ausgeschlossen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Koblenz in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im hier zugrun­de­lie­genden Fall hatte der Kläger im Juli 2008 mit der Beklagten im Wege des Fernabsatzes zwei Bereit­stel­lungs­da­r­le­hens­verträge über Nennbeträge von insgesamt 195.000 Euro abgeschlossen, denen jeweils identische Wider­rufs­be­leh­rungen beigefügt waren. Im März 2011 vereinbarten die Parteien, dass der Kläger die Darlehen nicht abnimmt und eine Nichtabnahmeentschädigung von nahezu 14.600 Euro zahlt. Unter dem 18. September 2014 widerrief er seine auf Abschluss der Darle­hens­verträge gerichteten Willen­s­er­klä­rungen.

OLG: Keine Anwendung der Sonderregelung für Fernab­satz­verträge bei Verbrau­cher­da­r­le­hens­ver­trägen

Die Klage auf Rückzahlung der im Jahre 2011 gezahlten Nicht­ab­nah­me­ent­schä­digung hatte das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlan­des­gericht Koblenz das Urteil jedoch abgeändert und die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Nicht­ab­nah­me­ent­schä­digung verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Kläger im September 2014 sein Widerrufsrecht noch ausüben, weil die Wider­rufs­be­leh­rungen in den Verträgen hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist missver­ständlich sind und deshalb die Widerrufsfrist für das Darlehen nicht in Lauf gesetzt haben. Das Widerrufsrecht des Klägers war auch nicht nach der Sonderregelung bei Fernab­satz­ver­trägen (§ 312 d Abs. 3 Ziffer 1 BGB a.F.*) erloschen, da diese Regelung bei Verbrau­cher­da­r­le­hens­ver­trägen keine Anwendung findet, bei denen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach dem Verbrau­cher­kre­ditrecht (§§ 495, 499 bis 507, 355 BGB a.F.) zusteht.

Kein Anspruch der Bank auf schutzwürdiges Vertrauen

Die Vereinbarung vom März 2011 hat das bestehende Widerrufsrecht des Klägers nach Auffassung der Richter ebenfalls nicht beseitigt, da hierdurch der Vertrag nicht rückwirkend aufgelöst, sondern lediglich der ursprünglich vereinbarte Erfül­lungs­zeitpunkt für das Darlehen vorverlagert wurde. Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch weder verwirkt noch unzulässig ausgeübt, § 242 BGB*. Die mit der nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung verbundenen Nachteile trägt nämlich grundsätzlich der Verwender. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Bank nicht in Anspruch nehmen, da sie den Schwebezustand selbst herbeigeführt und im Übrigen die Möglichkeit bestanden hat, den Kläger noch nach Vertrags­ab­schluss ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Erläuterungen

*§ 312 d Abs.3 Ziffer 1 BGB a.F. bestimmt zur Widerrufsrecht bei Fernab­satz­ver­trägen:

"Das Widerrufsrecht erlischt bei einer Dienstleistung auch in folgenden Fällen:

1.bei einer Finanz­dienst­leistung, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat"

*§ 242 BGB lautet:

"Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern."

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz/ ra-online

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