21.11.2024
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil26.08.2015

Widerruf eines Darlehens: Durch Wider­rufs­be­lehrung vermittelter unklarer Beginn der Widerrufsfrist führt zur Unwirksamkeit der BelehrungDarlehensnehmer kann fast zehn Jahre nach Vertragsschluss Widerruf erklären

Klärt die Wider­rufs­be­lehrung zu einem Darle­hens­vertrag nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist auf, so ist die Belehrung unwirksam und die Frist fängt nicht zu laufen an. Dies ist etwa bei der Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" der Fall. Der Darlehensnehmer kann daher auch fast 10 Jahre nach Abschluss des Darle­hens­vertrags den Widerruf erklären. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Frankfurt am Main hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall nahm ein Verbraucher im Dezember 2003 ein Darlehen in Höhe von 11.000 Euro auf, um damit eine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds zu finanzieren. Da er in der Folgezeit mit dem Verlauf der Fonds­be­tei­ligung unzufrieden war, erklärte er im Dezember 2013 den Widerruf des Darle­hens­vertrags. Seiner Meinung nach sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden, da die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag angesichts der darin enthaltenen Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" fehlerhaft gewesen sei. Da sich die Bank weigerte den Widerruf zu akzeptieren, erhob der Verbraucher Klage.

Landgericht gab Klage statt

Das Landgericht Gießen gab der Klage statt. Der Verbraucher habe den Widerruf erklären können, da mangels einer ordnungsgemäßen Wider­rufs­be­lehrung die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Auch habe der Verbraucher sein Widerrufsrecht nicht verwirkt, da die verspätete Geltendmachung allein nicht unzulässig sei. Gegen diese Entscheidung legte die Bank Berufung ein.

Oberlan­des­gericht hält Wider­rufs­be­lehrung ebenfalls für fehlerhaft

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Berufung der Bank zurück. Die Wider­rufs­be­lehrung sei fehlerhaft gewesen. Denn eine Belehrung, die sich auf die Aussage beschränke, dass die Widerrufsfrist frühestens mit dem Erhalt der Wider­rufs­be­lehrung beginne, sei nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend. Denn durch die Verwendung des Wortes "frühestens" wird es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen. Dieser entnehme ihr lediglich, dass die Frist jetzt oder später beginne und somit noch von weiteren Voraussetzungen abhänge. Der Verbraucher werde aber im Unklaren darüber gelassen, um welche etwaigen Umstände es sich dabei handele.

Recht zum Widerruf aufgrund nicht ordnungsgemäßer Belehrung

Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Wider­rufs­be­lehrung sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden, so das Oberlan­des­gericht, so dass der Verbraucher auch fast zehn Jahre nach Abschluss des Darle­hens­vertrags den Widerruf habe wirksam erklären können.

Keine Verwirkung des Widerrufsrechts

Der Verbraucher habe sein Widerrufsrecht nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts nicht verwirkt. Denn er habe kein Verhalten gezeigt, aus dem die Bank bei objektiver Betrachtung den Schluss habe ziehen dürfen, er werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Die bloße Hoffnung der Bank, auf ihr eigenes Schweigen hin werde auch der Verbraucher die Anlage­ent­scheidung im Laufe der Zeit vielleicht auf sich beruhen lassen, sei nicht schutzwürdig. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang zudem gewesen, dass der Verbraucher wegen der enttäuschten Erwartung hinsichtlich der Anlage­ent­scheidung sein Widerruf erklärt habe und somit ein völlig anderes Ziel erreichen habe wollen, als das Widerrufsrecht bezwecke.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (vt/rb)

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