21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 13735

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Urteil04.06.2012Oberlandesgericht München19 U 771/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 115Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 115
  • ITRB 2012, 269Zeitschrift: Der IT-Rechts-Berater (ITRB), Jahrgang: 2012, Seite: 269
  • NJW 2012, 3584Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 3584
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Oberlandesgericht München Urteil04.06.2012

Unterzeichnung eines Verbraucher­darlehens­vertrages auf einem elektronischen Schreibtablett ist formnichtigVerwendung von Schreibtabletts im Rechtsverkehr nicht unproblematisch

Das Oberlan­des­gericht München hat entschieden, dass die Unterzeichnung eines Verbraucher­darlehens­vertrages auf einem elektronischen Schreibtablett nicht der erforderlichen Form genügt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls erwarb im März 2011 in einem Fachmarkt ein Fernsehgerät, zu dessen Finanzierung ihm auf einem elektronischen Schreibtablett ein Kredit­ver­trags­formular der später beklagten Bank nebst Hinweisen auf sein Widerrufsrecht vorgelegt wurde. Der Kläger unterzeichnete den Kreditvertrag auf diesem Schreibtablett. Im Anschluss daran wurde das Vertrags­formular mit der Unterschrift des Klägers ausgedruckt und dieser Ausdruck dem Kläger überlassen. Eine Unterschrift von Verant­wort­lichen der Bank befindet sich darauf nicht. Das Fernsehgerät wurde an den Kläger ausgeliefert. Zweieinhalb Wochen später erklärte der Kläger gegenüber der Bank den Widerruf des Kreditvertrags. Diesen Widerruf wollte die Bank nicht gelten lassen, weshalb der Kläger schließlich das Gericht anrief und im Klageweg die Feststellung begehrte, dass der Darle­hens­vertrag mangels Einhaltung der Schriftform nichtig sei, hilfsweise, dass er diesen Vertrag wirksam widerrufen habe.

LG München I: Vertrag genügt Schriftform für Verbrau­cher­da­r­le­hens­verträge

Das Landgericht München I wies die Klage jedoch mit Urteil vom 13. Januar 2012 ab (Az.: 22 O 14798/11). Zur Begründung führte es aus, dass der streit­ge­gen­ständliche Vertrag der Schriftform für Verbrau­cher­da­r­le­hens­verträge genüge. Ebenso wie z.B. eine Schiefertafel sei das Schreibtablett grundsätzlich geeignet, die darauf enthaltenen Schriftzeichen dauerhaft festzuhalten. Auf diesem habe der Kläger auch eigenhändig unterschrieben. Der Verbraucher werde ebenso aufgeklärt, wie es bei der Papierform der Fall sei. Der Widerruf sei verspätet erfolgt, da bei dessen Eingang die 14-tägige Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen sei.

OLG München: Konkreter Darle­hens­vertrag formnichtig

Das Oberlan­des­gericht München gab dem Kläger nun weitgehend recht. Es kam zu dem Ergebnis, dass der konkrete Darle­hens­vertrag formnichtig ist. Nach erfolgter Auszahlung des Darle­hens­betrags wurde diese Formnichtigkeit zwar geheilt. Allerdings, so das Oberlan­des­gericht, ist der Widerruf des Klägers infolge der ursprünglichen Formnichtigkeit rechtzeitig erfolgt, so dass der Klage insoweit stattzugeben war.

Formvor­schriften nicht gewahrt

Im einzelnen hat das Oberlan­des­gericht seine Entscheidung mit folgenden Erwägungen begründet:

1. Bei einem zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossenen Darle­hens­vertrag, über den hier zu entscheiden war, ist die Schriftform nach § 126 BGB oder die elektronische Form nach § 126 a BGB einzuhalten. Beide Formvor­schriften sind durch das Vorgehen der Beklagten nicht gewahrt.

Wiedergabe der Unterschrift des Klägers nur als elektronische Kopie nicht ausreichend

Eine schriftliche Urkunde im Sinne des § 126 BGB erfordert dauerhaft verkörperte Schriftzeichen auf einem Schreibmaterial, gleich welcher Art. Daran fehlt es allgemein bei einem elektronischen Dokument und auch bei der hier vorliegenden handge­schriebenen elektronischen Unterschrift auf einem Unter­schrif­tenpad, wobei das Dokument zwar elektronisch gespeichert wurde, aber zu keinem Zeitpunkt körperlich vorhanden war. Der dem Kläger übergebene Ausdruck ist zwar körperlicher Natur, entspricht aber nicht der Schriftform des § 126 BGB, die eine eigenhändige Namens­un­ter­schrift erfordert, welche dem Ausdruck jedoch fehlt. Eine Namens­un­ter­schrift der Beklagten ist gar nicht vorhanden und die Unterschrift des Klägers erfolgte nicht eigenhändig auf der Urkunde sondern wurde darauf nur als elektronische Kopie wiedergegeben. Dies reicht ebenso wie die Übermittlung und Wiedergabe einer Namens­un­ter­schrift durch Telefax nicht aus. Da der Kläger seine Unterschrift lediglich mit einem elektronischen Stift auf dem Schreibtablett leistete, das elektronische Dokument aber nicht mit einer sogenannten qualifizierten elektronischen Signatur versehen hat, liegen auch die Voraussetzungen des § 126 a BGB nicht vor. Nur eine derart besonders qualifizierte Unterschrift hat der Gesetzgeber mit der als abschließend anzusehenden Regelung in § 126 a BGB als zur Wahrung der Form ausreichend angesehen. Eine Regelungslücke, die man, wie die Beklagte es wollte, in ihrem Sinn hätte auslegen können, besteht nicht.

Beginn der zweiwöchigen Widerrufsfrist begann aufgrund der Formnichtigkeit des Darle­hens­vertrags erst später

2. Allerdings, so das Oberlan­des­gericht wurde die Formun­wirk­samkeit des streit­ge­gen­ständ­lichen Darle­hens­vertrags geheilt, weil der Kläger das Darlehen tatsächlich empfangen hat. Daraus konnte die beklagte Bank allerdings keinen Nutzen ziehen, da aufgrund der Formnichtigkeit des Darle­hens­vertrags die zweiwöchige Widerrufsfrist für den Kläger erst später zu laufen begann, noch nicht abgelaufen war und der Kläger den Widerruf rechtzeitig erklärt hat. Zum einen, so das Gericht, läuft die Widerrufsfrist erst ab „Vertragsschluss“, was frühestens mit der Heilung durch Auszahlung des Darlehens der Fall ist. Zum anderen wird bei Formmängeln die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt, bevor der Darlehensnehmer eine Abschrift der hierdurch bewirkten Vertrag­s­än­de­rungen erhalten hat. Diese Änderungen äußern sich im vorliegenden Fall nach § 494 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 246 BGB unter anderem in geringeren, auf den gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a ermäßigten Sollzinsen, da nach der gesetzlichen Regelung nicht mehr der ursprünglich vereinbarte Zinssatz gilt. Eine entsprechende Abschrift hatte der Kläger aber von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt erhalten, so dass sein Widerruf in jedem Fall rechtzeitig war.

Quelle: Oberlandesgericht München/ra-online

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