21.11.2024
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Oberlandesgericht Koblenz Urteil25.10.2019

Kein Anspruch auf Schadensersatz nach öffentlicher Bekanntgabe des Manipulations­vorwurfsBekanntgabe des Einbaus der beanstandeten Motor­steuerungs­software lässt die Sitten­wid­rigkeit und Täuschung entfallen

Das Oberlan­des­gericht Koblenz hat entschieden, dass der Käufer eines vom sogenannten Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeugs von der Motor- und Fahrzeug­herstellerin keinen Schadensersatz verlangen kann, wenn er das Fahrzeug erst nach öffentlichem Bekanntwerden des Manipulations­vorwurfs erworben hat. Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Herstellerin die Verwendung der beanstandeten Software und deren Wirkmechanismus öffentlich gemacht hat, kann ihr weder ein vorsätzliches sittenwidriges Verhalten noch eine Täuschung vorgeworfen werden. Denn ihr Handeln kann dann nach seinem Gesamtcharakter nicht mehr als verwerflich eingestuft werden. Das gilt auch dann, wenn die Herstellerin die Software nicht selbst als illegale Abschalt­ein­richtung brandmarkt.

In dem hier vorliegenden Fall hatte der Kläger im Oktober 2016 bei einem Autohaus einen gebrauchten VW Tiguan, Erstzulassung 18. Oktober 2012, erworben, der mit dem vom sogenannten Diesel-Skandal betroffenen Dieselmotor EA 189 ausgestattet war. Ab September 2015 war - ausgehend von einer Presse­mit­teilung der beklagten Fahrzeug- und Motor­her­stellerin vom 22. September 2015 - über den Manipu­la­ti­o­ns­vorwurf betreffend Motoren des Typs EA 189 in nationalen und internationalen Medien ausführlich berichtet worden. Zeitgleich mit der Presse­mit­teilung hatte die Beklagte u.a. ihre Vertragshändler und Servicepartner über den Einbau der Umschaltlogik informiert. Gleichwohl nahm der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, gestützt auf den Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung und des Betruges.

Keine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung nach Bekanntgabe der Manipulation

Der Senat hat einen Schaden­s­er­satz­an­spruch des Klägers verneint. Der Beklagten könne ab öffentlicher Bekanntgabe des Manipu­la­ti­o­ns­vorwurfs per Presse­mit­teilung weder eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung noch eine betrügerische Täuschung angelastet werden. Sitten­wid­rigkeit erfordere eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens. Gerade dies sei aber ab dem Offenbaren des Einbaus der beanstandeten Steue­rungs­software nicht mehr feststellbar. Denn ab diesem Zeitpunkt sei das Handeln der Beklagten nicht mehr darauf gerichtet gewesen, Gewinn aus einer im Verborgenen liegenden Manipulation zu schöpfen.

OLG verneint ebenfalls Täuschung nach Bekanntgabe des Diesel-Skandals

Auch könne der Beklagten jedenfalls ab dem Zeitpunkt, in dem sie die Manipu­la­ti­o­ns­pro­blematik offengelegt hatte, auch nicht mehr vorgeworfen werden, potentielle Käufer getäuscht zu haben. Die Beklagte habe dadurch, dass sie die Öffentlichkeit über den Einbau der beanstandeten Software informierte, gerade die mit dem Inver­kehr­bringen eines Fahrzeugs verbundene Erklärung, dass dieses im Straßenverkehr ohne jede Einschränkung eingesetzt werden kann, stark relativiert.

VW musste Steue­rungs­software nicht selbst als illegale Abschalt­ein­richtung einstufen

Unerheblich sei bei alledem, dass die Beklagte die Steue­rungs­software nicht selbst als illegale Abschalt­ein­richtung gebrandmarkt habe. Es genüge, dass potentiellen Käufern die Sachin­for­ma­tionen öffentlich bekannt gegeben worden seien.

Quelle: Oberlandesgericht Koblenz, ra-online (pm/ab)

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