18.10.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss31.01.2019

Ablehnung eines Sachver­ständigen als befangen wegen Durchführung eines Ortstermins ohne Anwesenheit beider ParteienBegründetes Misstrauen gegen Neutralität und Unabhängigkeit des Sachver­ständigen

Führt ein Sachver­ständiger einen Ortstermin mit nur einer Partei durch, ohne der anderen Partei Gelegenheit zur Teilnahme zu geben, so kann er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Das Verhalten des Sachver­ständigen begründet Misstrauen gegen seine Neutralität und Unabhängigkeit. Dies hat das Oberlan­des­gericht Karlsruhe entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall führte ein Sachverständiger in einem Prozess vor dem Oberlan­des­gericht Karlsruhe im November 2018 zur Vorbereitung seines Gutachtens einen Ortstermin durch. Dabei anwesend waren aber nur der Beklagte und dessen Anwalt. Der Kläger wurde von dem Treffen nicht zuvor in Kenntnis gesetzt. Der Sachverständige gab an, lediglich Informationen eingeholt zu haben. Jedoch gab er nicht an, wie lange das Gespräch dauerte, was im Einzelnen besprochen wurde und zu welchem Ergebnis das Gespräch führte. Der Kläger hielt den Sachver­ständigen aufgrund dessen für befangen und lehnte ihn ab.

Ablehnung des Sachver­ständigen wegen Besorgnis der Befangenheit

Das Oberlan­des­gericht Karlsruhe folgte der Ansicht des Klägers. Der Sachverständige sei wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 406 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO abzulehnen. Führt ein Sachver­ständiger zur Vorbereitung seines Gutachtens einen Ortstermin in Anwesenheit nur einer der Parteien durch, ohne der anderen Partei die Gelegenheit zur Teilnahme zu geben, lasse ihn dies als befangen erscheinen. Dies rechtfertige sich aus dem Verstoß gegen das Gebot der Waffen­gleichheit, weil sich der Sachverständige der einseitigen Einflussnahme einer Partei aussetze.

Zulässigkeit eines Treffens zur Infor­ma­ti­o­ns­be­schaffung

Zwar sei es nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts zulässig, dass sich der Sachverständige allein zur Infor­ma­ti­o­ns­be­schaffung mit einer Partei trifft. Ob dies hier aber der Fall war, lasse sich nicht beurteilen. So sei der genaue Ablauf und Inhalt des Gesprächs im Dunkeln geblieben. Aufgrund dieser Unklarheit dürfe eine verständige Partei argwöhnen, dass zwischen dem Sachver­ständigen und dem Prozessgegner ein Infor­ma­ti­o­ns­aus­tausch stattgefunden hat, dessen Umfang und Inhalt sie nicht überblicken könne. Dieser berechtigte Argwohn begründe Misstrauen gegen die Neutralität und Unabhängigkeit des Sachver­ständigen.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

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