21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss07.05.2015

Unterlassene Benach­rich­tigung einer Prozesspartei hinsichtlich Durchführung eines Ortstermins durch Sachver­ständigen begründet dessen BefangenheitZweifel an Unpar­tei­lichkeit eines Sachver­ständigen rechtfertigt dessen Ablehnung

Benachrichtigt ein Sachver­ständiger nur die eine Partei des Rechtsstreits von einer Ortsbe­sich­tigung, so begründet dies aus Sicht der nicht anwesenden Partei die Besorgnis, dass der Sachverständige befangen ist. Der Zweifel an der Unpar­tei­lichkeit des Sachver­ständigen rechtfertigt dessen Ablehnung. Dies hat das Oberlan­des­gericht Hamm entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand Streit darüber, ob ein an einer Arztpraxis geliefertes Röntgengerät mangelbehaftet war oder die von der Ärztin angeführte Fehlfunktion auf einen Bedie­nungs­fehler beruhte. Um die Frage zu erklären, führte ein beauftragter Sachverständiger im September 2014 eine Ortsbesichtigung in den Praxisräumen durch. Von diesem Termin wurde die Verkäuferin des Röntgengeräts jedoch nicht benachrichtigt, so dass nur die Ärztin anwesend war. Die Verkäuferin hielt den Sachver­ständigen aufgrund dessen für befangen und beantragte seine Ablehnung. Das Landgericht Münster wies jedoch den Ableh­nungs­antrag zurück. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Verkäuferin.

Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt Ablehnung eines Sachver­ständigen

Das Oberlan­des­gericht Hamm führte zum Fall aus, dass ein Sachver­ständiger gemäß § 406 Abs. 1 ZPO wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden könne, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet sei, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Der Sachverständige müsse nicht tatsächlich parteilich sein. Auch sei es nicht erforderlich, dass das Gericht Zweifel an der Neutralität hat. Vielmehr genüge der bei dem ablehnenden Prozess­be­tei­ligten erweckte Anschein der Parteilichkeit.

Unterlassene Benach­rich­tigung der Verkäuferin stellt Verfah­rens­fehler dar

Nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts habe der Sachverständige durch die unterlassene Benach­rich­tigung der Verkäuferin vom Ortstermin einen Verfah­rens­fehler begangen. Denn den Beteiligten eines Prozesses sei es gestattet, bei Ortsbe­sich­ti­gungen als Teil der Beweisaufnahme anwesend zu sein. Durch die Mitwirkung der Beteiligten sollen etwaige Unklarheiten und Unzuläng­lich­keiten beseitigt und gegebenenfalls Fehler korrigiert werden. Bei der Ortsbe­sich­tigung handele es sich daher nicht um eine bloße Förmlichkeit.

Ortsbe­sich­tigung in Abwesenheit der Verkäuferin begründet Zweifel an Unpar­tei­lichkeit

Durch den Verfah­rens­fehler und der durchgeführten Ortsbe­sich­tigung unter Anwesenheit und Mitwirkung der Ärztin habe der Sachverständige nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts den Eindruck einer willkürlichen Benachteiligung der Verkäuferin erweckt. Ihr sei dadurch das Recht genommen worden Fragen zu stellen und Hinweise zu geben, sich einen persönlichen Eindruck von dem Begut­ach­tungs­ge­genstand zu machen sowie eine einseitige Beeinflussung des Sachver­ständigen auszuschließen.

Unterlassene Benach­rich­tigung aufgrund Vergessens unerheblich

Soweit der Sachverständige anführte, er habe es vergessen die Verkäuferin vom Ortstermin in Kenntnis zu setzen, hielt das Oberlan­des­gericht dies für unbeachtlich. Denn dies hätte ihm zu Beginn des Termins auffallen müssen, so dass er einen neuen Ortstermin hätte ansetzen können. Spätestens während der Abfassung des Gutachtens hätte ihm sein Versäumnis auffallen und er einen neuen Ortstermin in Erwägung ziehen müssen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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