Dokument-Nr. 20700
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- BerlinerAnwBl 2015, 32Zeitschrift: Berliner Anwaltsblatt (BerlinerAnwBl), Jahrgang: 2015, Seite: 32
- Landgericht Stuttgart, Beschluss05.11.2013, 17 O 65/12
- Wegen Befangenheit unverwertbares Gutachten begründet keine gesetzliche Schadensersatzpflicht des SachverständigenOberlandesgericht Hamm, Beschluss14.01.2014, 9 U 231/13
- Bezeichnung "Pfusch am Bau" durch Sachverständigen begründet keine Besorgnis der BefangenheitOberlandesgericht Rostock, Beschluss26.08.2020, 4 W 30/20
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss30.07.2014
Tippen mit dem Zeigefinger an die Schläfe kann Sachverständigen aufgrund grob fahrlässiger Herbeiführung seiner Ablehnung wegen Befangenheit die Vergütung kostenVogelgeste begründet Zweifel an Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit des Sachverständigen
Tippt sich ein Sachverständiger im Rahmen eines Gerichtsverfahrens auf den Vortrag des Klägervertreters mit dem Zeigefinger an die Schläfe, so liegt darin ein besonders schwerwiegendes Außerachtlassen der von einem Sachverständigen zu erwartenden Sorgfalt. Die Vogelgeste begründet Zweifel an die Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit des Sachverständigen und kann damit zu seiner Ablehnung wegen Befangenheit führen. Kommt es dazu, so verliert er aufgrund der grob fahrlässig herbeigeführten Ablehnung wegen Befangenheit seinen Vergütungsanspruch. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall tippte sich eine Sachverständige im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vor dem Landgericht Stuttgart nach den Ausführungen des Rechtsanwalts des Klägers mit dem Zeigefinger an die Schläfe und zeigte ihm damit den Vogel. Der Kläger beantragte daraufhin die Ablehnung der Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit. Dem gab das Landgericht statt. Zudem entschied es, dass die Sachverständige für die Erstellung ihres Gutachtens keine Vergütung erhält. Dagegen richtete sich ihre Beschwerde.
Kein Anspruch auf Vergütung aufgrund grob fahrlässiger Herbeiführung der Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit
Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Beschwerde der Sachverständigen zurück. Ihr habe kein Anspruch auf die Vergütung zugestanden. Denn kommt es zu einer Ablehnung eines Sachverständigen und dadurch zu einer Unverwertbarkeit seines Gutachtens, so verliert der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch, wenn er die Ablehnung grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich herbeigeführt hat. Dies sei hier der Fall gewesen.
Sachverständige lässt besonders schwerwiegend die zu erwartende Sorgfalt außer Acht
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts habe die Sachverständige ihre Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit grob fahrlässig herbeigeführt. Durch die Vogelgeste habe die Sachverständige die von einem Sachverständigen zu erwartende Sorgfalt besonders schwerwiegend außer Acht gelassen. Ihr hätte klar sein müssen, dass sie durch diese Geste die Grenze des hinnehmbaren deutlich überschritten hatte. Sie habe grob pflichtwidrig Anlass geboten, an ihrer Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit zu zweifeln. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang gewesen, ob das Verhalten der Sachverständigen als Reflex auf die zum wiederholten Male vorgetragene, aus ihrer Sicht unberechtigte Kritik der Klägerseite zu verstehen war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.03.2015
Quelle: Oberlandesgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)
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