Im zugrunde liegenden Fall nahm die Klägerin die Beklagte wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten in Anspruch. Die Beklagte wischte im Bürotrakt eines Supermarktes nass auf, ohne Warnschilder aufzustellen. Daraufhin stürzte die Klägerin.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe war der Auffassung, dass die Beklagte grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig war. Die Verkehrssicherungspflicht ließ sich daraus herleiten, dass die Beklagte durch die Vornahme von Reinigungsarbeiten eine eigene Gefahrenquelle geschaffen hat. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (BGH, Urt. v. 16.05.2006 - VI ZR 189/05 = NJW 2006, 2326). Sicherheitsvorkehrungen sind umso mehr erforderlich, je größer die Gefahr und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung ist (BGH, Urt. v. 31.10.2006 - VI ZR 223/05 = NJW 2007, 762). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Insbesondere ist ein Schutz vor solchen Gefahren nicht erforderlich, die der Betroffene selbst erkennen und vor denen er sich selbst schützen kann (BGH, Urt. v. 11.12.1984 - VI ZR 218/83 = BGH, NJW 1985, 1076).
Das Oberlandesgericht entschied, dass der Klägerin kein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 831 BGB zu stand, da eine Verkehrssicherungspflichtverletzung nicht vorlag. Die Aufstellung von Warnschildern war nicht erforderlich. Derartige Anforderungen an die Sorgfaltspflicht bestehen für die Betreiber von Kaufhäusern und Einkaufsmärkten allerdings im Bereich der Verkaufsflächen oder in der Nähe von Ein- und Ausgängen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in diesen Bereichen der Kunde einer erhöhten Gefahr ausgesetzt wird. Dort kann es aufgrund der Vielzahl von Kunden zu Gedränge kommen. Zu berücksichtigen ist, dass die Kunden in der Regel nicht ständig ihr Augenmerk auf die Bodenbeschaffenheit richten oder nicht ohne weiteres damit rechnen müssen, dass der Boden feucht ist (BGH, NJW 1994, 2617).
Auf Büroräume waren diese Grundsätze jedoch nicht anzuwenden. Diese Räume stehen nur einen begrenzten Personenkreis offen und werden bei weitem nicht in dem Umfang benutzt wie die Verkaufsflächen. Hinzu kam in diesem Fall, dass den Mitarbeitern bekannt war, dass die Räume jeden Morgen vor Öffnung des Ladens geputzt werden. Es wäre somit eine besondere Vorsicht bei der Benutzung der Räume geboten gewesen. Unter diesen Umständen bestand in den Büroräumen keine besondere Sicherungspflicht für die üblicherweise beim Putzen entstehende Glätte. Feuchtigkeit als solche ist kein objektiv verkehrswidriger Zustand (BGH, NJW 1994, 2617).
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts wäre es eine Überspannung der Sorgfaltspflicht zu verlangen, nass gewischte Büroräume unmittelbar nach dem Wischvorgang rückstandslos zu trocknen oder mit Warnschildern zu kennzeichnen. Etwas anderes kann sich bei Verwendung von Öl, Bohnerwachs oder durch ungewöhnlich nasses Putzen ergeben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.10.2012
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)