Der beklagte Vermieter vermietete im November 2001 eine 6-Zimmer-Wohnung an eine Familie mit drei Kleinkindern. Das Haus war 1966 erbaut worden. Beim Spielen lief eines der Kleinkinder gegen eine Zimmertür, die aus einem Holzrahmen mit Glasausschnitt, der im unteren Bereich in einer Höhe von 40 cm begann, bestand. Das Glas war kein Sicherheitsglas. Bei dem Unfall fiel die damals Zweijährige mit Kopf und Schultern in die Scheibe. Ein winziges Teil aus der zerbrochenen und zersplitterten Scheibe gelangte in das linke Auge, wodurch die Zweijährige die Sehkraft des linken Auges nahezu vollständig verlor.
Die auf Schadensersatz gerichtete Klage gegen den Vermieter wurde vom Bundesgerichtshof abgewiesen. Der Vermieter habe seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
Grundsätzlich sei derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schaffte, verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasse diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend halte, um andere vor Schäden zu bewahren.
Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden könne. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, sei im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergebe, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden könnten.
Im Fall bestanden weder zum Zeitpunkt der Errichtung des Wohnhauses noch zum Zeitpunkt des Einzuges der Familie in die Wohnung baurechtlichen Vorschriften, nach denen Zimmertüren mit Glasausschnitten in Wohnungen mit Sicherheitsglas ausgestattet werden mußten. Nach § 40 Abs. 2 Bauordnung NW sei lediglich geregelt, dass Glastüren und andere Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, so zu kennzeichnen seien, dass sie leicht erkannt werden könnten.
Da die Mietwohnung den baurechtlichen Vorschriften im Hinblick auf ihre Ausstattung mit verglasten Wohnungsinnentüren der Normalbeschaffenheit entsprach, oblag es den obhutspflichtigen Eltern der Klägerin zu entscheiden, ob sie unter den gegebenen Umständen eine solche Wohnung anmieteten und für weitergehende (klein-)kindgerechte Schutzvorkehrungen sorgen wollten, wie sie auch in anderen Bereichen (z.B. Steckdosensicherungen, Schutzgitter, Kantenschutz etc.) üblich sind.
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 02.08.2005 - 1 S 151/04
AG Siegen, Entscheidung vom 10.08.2004 - 13 C 372/04