21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 14330

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Urteil11.12.1984BundesgerichtshofVI ZR 218/83
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 55, 229Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 55, Seite: 229
  • MDR 1985, 833Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 1985, Seite: 833
  • NJW 1985, 1076Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1985, Seite: 1076
  • r+s 1985, 60Zeitschrift: recht und schaden (r+s), Jahrgang: 1985, Seite: 60
  • VersR 1985, 336Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 1985, Seite: 336
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.12.1984

BGH: Vermieter genügt seiner Verkehrs­si­che­rungs­pflicht bei Verbot des Betretens der noch nicht fertig­ge­stellten LoggiaMieter trägt ebenfalls Verantwortung für die Gefahrenstelle

Verbietet der Vermieter das Betreten einer noch nicht fertig­ge­stellten Loggia, so genügt er seiner Verkehrs­si­che­rungs­pflicht und haftet nicht für eingetretene Schäden. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde. Der Kläger nahm den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen eines Unfalls in Anspruch. Am Unfalltag besuchte der Kläger seine Tochter und seinen Schwiegersohn, die im Haus der Beklagten eine im ersten Stock gelegene Wohnung gemietet hatten. Zu dieser Wohnung gehörte eine noch nicht fertiggestellte Loggia. Es fehlte unter anderem das Holzgeländer. Zur provisorischen Absicherung der Loggia hatte der Beklagte Stützbalken angebracht. Diese waren fehlerhaft befestigt worden. Der Kläger trat auf die Loggia und fasste aufgrund eines Schwin­de­l­anfalls das obere Brett der provisorischen Brüstung an. Dabei lösten sich Bretter und der Kläger fiel aufgrund des verlorenen Gleichgewichts 4 ½ Meter tief. Er brach sich mehrere Wirbel und erlitt eine Querschnitts­lähmung. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Oberlan­des­gericht als Berufungs­gericht verurteilte den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld, jedoch gekürzt um ein Mitver­schul­den­santeil des Klägers von einem Drittel. Denn es war der Ansicht, dass die Behelfs­mä­ßigkeit der Absicherung erkennbar gewesen sei. Der Kläger war der Meinung, ihn treffe an dem Unfall kein Mitverschulden.

Grundsätzliche Haftung bestand

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass eine Haftung gemäß § 836 BGB durchaus in Betracht kam. Die Verletzung des Klägers beruhte auf eine Ablösung von Teilen des Gebäudes. Dabei spielte es für die Haftung des Vermieters keine Rolle, dass zur Ablösung der Bretter der vom Kläger ausgeübte Druck beigetragen hatte und die Brüstung deutlich als Provisorium erkennbar war.

Hier keine "Gefahr, die vor sich selbst warnt"

Die Anforderungen an die Gefah­ren­si­cherung richten sich insbesondere an die Siche­rungs­er­war­tungen des Verkehrs. Sie sind herabgesetzt gegenüber Gefahren, die jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich deshalb durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann. Dies war hier jedoch nicht der Fall, da die fehlerhafte Befestigung der Brüstung nicht ohne weiteres erkennbar war. Insoweit könne hier nicht von einer Gefahr gesprochen werden die vor sich selbst warnt.

Des Weiteren war nach Auffassung des BGH zu beachten, dass der Beklagte durch die Vermietung der Wohnung nicht von seinen Verkehrs­si­che­rungs­pflichten befreit wurde.

Keinen Haftung gegenüber unbefugten Nutzern

Unbeachtlich war nach Ansicht des BGH, ob der Kläger überhaupt zu dem geschützten Personenkreis gehörte. Die Annahme einer unbefugten Nutzung konnte hier entgegenstehen, dass der Kläger sich nicht für einen unbefugten Nutzer der Loggia halten musste, solange er keine Kenntnis von einem Betretungsverbot hatte.

Haftungs­be­freiung durch Ausspruch des Betre­tungs­verbots

Der Vermieter kann sich jedoch von seiner Haftung aus § 836 BGB befreien, so der BGH weiter, wenn er nachweisen kann, dass er die Mieter deutlich davor warnte wegen der unzulänglichen Sicherung die Loggia zu benutzen und deswegen ein Betre­tungs­verbot aussprach. In diesem Fall hätte er eine ausreichende Vorkehrung zur Vermeidung von Gefahren getroffen. Es ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass durch Vermietung der Wohnung der Einfluss und die Kontrolle über die Gefahrenstelle dem Mieter überantwortet wurden. Insoweit kam ihm eine Siche­rungs­zu­stän­digkeit zu, auf die sich der Vermieter in Grenzen verlassen durfte. Der Vermieter konnte auch darauf vertrauen, dass die Mieter für die Beachtung des Betre­tungs­verbots bezüglich ihrer Gäste sorgen würden. Worin im einzelnen die Ursache für die Gefährdung bestand, brauchte der Vermieter nicht herausstellen.

Mitverschulden des Klägers bestand

Für den BGH war es nicht erkennbar, dass das Berufungs­gericht bei der Beurteilung des Mitverschuldens relevante Tatsachen übersehen hätte. Eine Überprüfung des Berufungs­urteils schied insoweit aus.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

der Leitsatz

BGB §§ 823, 836

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Vermieter einer Wohnung, zu der eine noch nicht fertiggestellte Loggia gehört, von der Verant­wort­lichkeit für einen Unfall eines Gastes der Mieter befreit wird, der auf einer Ablösung von Teilen der provisorischen Brüstung der Loggia beruht.

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