21.11.2024
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Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil03.08.2010

Falsche Rechnung für gestohlenes FahrradHausrat­ver­si­cherer leistungsfrei wegen arglistig falscher Angaben

Wegen einer nachträglich ausgestellten Rechnung über ein gestohlenes Fahrrad, bleibt der beklagte Hausrat­ver­si­cherer leistungsfrei. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Karlsruhe.

Der Kläger verlangt vom beklagten Hausrat­ver­si­cherer Leistungen wegen Diebstahls seines Fahrrads. Die Versicherung bestreitet den Diebstahl und macht geltend, er sei wegen arglistig falscher Angaben in der Schadensanzeige leistungsfrei. Der Kläger hatte der Schadensanzeige eine erst nachträglich erstellte Rechnung des Fahrrad­ge­schäfts Radhaus A. beigefügt. Aus dieser war nicht erkennbar, dass er in diesem Fahrradgeschäft nur Fahrradteile für ca. 2.000,- € gekauft hatte, die anderen dort aufgeführten Teile für ca. 3.700,- € hatte er bei verschiedenen anderen Quellen gekauft und daraus ein individuelles Rad montieren lassen.

Kläger hat mit Vorlage der Rechnung arglistig gehandelt

Das Landgericht Baden-Baden hat seine Klage abgewiesen, auch die Berufung des Klägers zum Oberlan­des­gericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Der Kläger habe zum Nachweis des Schadens in seiner Anzeige auf die Rechnung des Radhauses Bezug genommen, ohne klarzustellen, dass er die dort aufgeführten Teile überwiegend gar nicht beim Radhaus erworben habe. Der Begriff "Rechnung" beinhalte nach gewöhnlichem Verständnis die Aussage, dass die dort aufgeführten Gegenstände die Leistung des Rechnungs­stellers darstellten und von ihm stammten. Das gelte umso mehr, wenn die Rechnung zusätzlich die Mehrwertsteuer und noch einen Nachlass von 1 % der Rechnungssumme aufweise. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass damit der Beklagten bei ihrer Leistungs­prüfung habe suggeriert werden können, dass alle in der Rechnung aufgeführten Teile beim Radhaus neu erworben worden seien, und dass diese unzureichende Schilderung den Versicherer von weiteren Nachforschungen habe abhalten können, die ansonsten zur weiteren Aufklärung angestanden hätten. Der Kläger habe mit der Vorlage der Rechnungen auch arglistig gehandelt. Arglist verlange lediglich bewusstes Einwirken auf die Entscheidung des Versicherers durch unrichtige oder unvollständige Angaben. Bereicherungs- oder Schädi­gungs­absicht sei nicht erforderlich. Ausreichend sei das Bestreben, Beweis­schwie­rig­keiten zu vermeiden oder die Regulierung zu beschleunigen oder allgemein auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss nehmen zu wollen. Es sei hier schon nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger der Schadensmeldung nicht die angeblich bei ihm vorhandenen Unterlagen auf für die einzelnen Fahrradteile beigefügt habe, sondern beim Radhaus A. ein Gesamt­wert­nachweis habe anfertigen lassen. Dies könne nur so verstanden werden, dass der Kläger es habe vermeiden wollen, den Wertnachweis durch Aufdeckung der wahren Sachlage zu erschweren, indem er den Kauf aus einer Hand vorgespielt habe und so den Anlass zu lästigen Rückfragen des beklagten Versicherers nach Herkunft und Zustand der zugekauften Teile und zu möglichen Zweifeln an der Werthaltigkeit des montierten Fahrrades in seine Schadensmeldung erst habe gar nicht einfließen lassen.

Verletzung der Auskunfts- oder Aufklä­rungs­ob­lie­genheit ist Voraussetzung für Leistungs­freiheit

Der beklagte Versicherer sei nach § 24 AHR 2004 i.V.m. § 28 VVG leistungsfrei. Nach § 28 Abs. 4 VVG habe die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung einer nach Eintritt des Versi­che­rungs­falles bestehenden Auskunfts- oder Aufklä­rungs­ob­lie­genheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versi­che­rungs­nehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen habe. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger formgerecht auf die Rechtsfolge der Leistungs­freiheit hingewiesen worden ist.

Erläuterungen

Gesetzestext und Versi­che­rungs­be­din­gungen

§ 28 Abs. 2 VVG

Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versi­che­rungs­nehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, so ist er leistungsfrei, wenn der Versi­che­rungs­nehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat.

§ 28 Abs. 4 VVG

Die vollständige oder teilweise Leistungs­freiheit des Versicherers nach Abs. 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versi­che­rungs­falles bestehenden Auskunfts- oder Aufklä­rungs­ob­lie­genheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versi­che­rungs­nehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

§ 23 AHR 2004 Obliegenheiten des Versi­che­rungs­nehmers im Versi­che­rungsfall

1. Der Versi­che­rungs­nehmer hat bei Eintritt des Versi­che­rungsfalls

...

d) dem Versicherer - soweit möglich - jede Untersuchung über die Ursache und Höhe des Schadens und über den Umfang seiner Entschä­di­gungs­pflicht zu gestatten, jede hierzu dienliche Auskunft - auf Verlangen in Textform zu erteilen und die erforderlichen Belege, soweit ihm das billigerweise zugemutet werden kann, beizubringen, ... Die Verletzung einer nach Eintritt des Versi­che­rungsfalls bestehenden Auskunfts- oder Aufklä­rungs­ob­lie­genheit kann zur Leistungs­freiheit des Versicherers, das heißt zum Verlust des Versi­che­rungs­schutzes führen.

§ 24 AHR 2004 Besondere Verwir­kungs­gründe

...

2. Versucht der Versi­che­rungs­nehmer, den Versicherer arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, so ist der Versicherer von der Entschä­di­gungs­pflicht frei.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe / ra-online

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