18.10.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 23691

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Oberlandesgericht Hamm Urteil12.12.2016

Vorab­ver­gü­tungen an stillen Gesellschafter der "Osnabrücker Sonntagzeitung" müssen nicht zurückgezahlt werdenErbrachte Zahlungen sind von der Herausgeberin vertraglich garantierte Zinszahlungen

Ein als stiller Gesellschafter an der insolventen Herausgeberin der "Osnabrücker Sonntagszeitung" beteiligter Anleger muss Vorab­ver­gü­tungen der Herausgeberin auf seine Kapitalanlagen nicht an den Insol­venz­ver­walter zurückzahlen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und änderte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Münster ab.

Der im zugrunde liegenden Fall klagende Rechtsanwalt aus Osnabrück ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Herausgeberin der "Osnabrücker Sonntagszeitung". Der Beklagte aus Lengerich hatte sich in den Jahren 2001 und 2010 mit Einlagen in Höhe von insgesamt 60.000 Euro am Vermögen der Herausgeberin beteiligt. In den Jahren 2010 bis 2012 zahlte die Herausgeberin an ihn als Vorab­ver­gü­tungen bezeichnete Beträge in Höhe von ca. 5.500 Euro nebst der hierauf anfallenden Abgel­tungs­steuer in Höhe von ca. 2.000 Euro. Nach der im Jahre 2014 erfolgten Insol­ven­z­er­öffnung über das Vermögen der Herausgeberin verlangt der Kläger die Erstattung dieser Beträge zur Insolvenzmasse. Insoweit vertritt er die Auffassung, es handle sich um nicht gerechtfertigte Gewinn­vor­aus­zah­lungen, weil die Herausgeberin in den fraglichen Jahren Verluste und keine Gewinne erwirtschaftet habe. Diese Zahlungen seien unentgeltliche Leistungen und deswegen vom Beklagten als Anleger nach den Regeln der Insol­ven­z­ordnung zu erstatten.

OLG weist Zahlungsklage ab

Das Zahlungs­be­gehren des Insol­venz­ver­walters blieb erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm wies die Zahlungsklage ab. Nach den Regeln der Insol­ven­z­ordnung habe der Beklagte die erhaltenen Leistungen nicht zu erstatten, so das Oberlan­des­gericht. Er habe die Zahlungen nicht rechtsgrundlos und damit unentgeltlich bekommen. Die geleisteten Vorab­ver­gü­tungen habe die Herausgeberin dem Beklagten vielmehr aufgrund der mit ihm abgeschlossenen Verträge, nach denen der Beklagte mit einer Kapitaleinlage als stiller Gesellschafter an der Herausgeberin beteiligt gewesen sei, garantiert und damit geschuldet. Diese Verträge seien wirksam.

Vertraglich garantierte Zinszahlungen standen nicht unter Vorbehalt einer Gewinnerzielung

Aufgrund seiner Treuepflicht als Gesellschafter der Herausgeberin habe der Beklagte in den Jahren 2010 bis 2012 auch nicht - ausnahmsweise - davon absehen müssen, seine Zahlungs­ansprüche geltend zu machen. Bei den erbrachten Zahlungen habe es sich um von der Herausgeberin vertraglich garantierte Zinszahlungen gehandelt, die nicht unter dem Vorbehalt einer Gewinnerzielung gestanden hätten. Das ergebe die Auslegung der abgeschlossenen Verträge unter Berück­sich­tigung ihrer praktischen Handhabung durch die Vertrags­parteien. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte gegenüber der Herausgeberin nicht auf die Zahlungen verzichten müssen, zumal sich diese ihm gegenüber auch treuwidrig verhalten habe, weil sie - nach der Darstellung des Klägers - in einer Art Schnee­ba­ll­system Zahlungen an stille Gesellschafter durch den Rückgriff auf Einlagen anderer stiller Gesellschafter finanziert habe, um den Anschein eines gesunden Unternehmens zu erzeugen. Zudem habe sie den Beklagten beim Abschluss weiterer Gesell­schafts­verträge im Jahre 2010 nicht auf ihre Überschuldung hingewiesen.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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