21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil06.07.2017

Baulast: Eigentümer kann zur Duldung der Grund­s­tücks­nutzung durch Nachbarn verpflichtet sein

Ein Grundstücks­eigentümer kann sich mit einer Baulast gegenüber der Baubehörde verpflichten, das Grundstück als Zuwegung für Nachba­r­grund­stücke zur Verfügung zu stellen. Die Baulast begründet eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bauauf­sichts­behörde, sie beinhaltet kein zivil­recht­liches Nutzungsrecht des Eigentümers des begünstigten Grundstücks. Dieser kann allerdings einem zivil­recht­lichen Unterlassungs­anspruch des Eigentümers des Wegegrundstücks den Einwand rechts­missbräuch­lichen Verhaltens entgegenhalten. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Essen.

Die Parteien des zugrunde liegenden Rechtstreits sind Eigentümer benachbarter Wohnungs­ei­gen­tums­anlagen in Haltern am See. Im hinteren Teil des Grundstücks der Beklagten sind Stellplätze angelegt, die über einen Weg angefahren werden, der im Eigentum der Kläger steht. Voreigentümer der Kläger hatten gegenüber der Stadt Haltern eine Baulast begründet, nach welcher sie das Wegegrundstück als Zufahrt für das Nachba­r­grundstück zur Verfügung zu stellen hatten. Ein zwischen den Parteien des Rechtsstreits zivilrechtlich begründetes Wegerecht existiert nicht. Nachdem es zu Streitigkeiten zwischen den Klägern und einem der Beklagten mit tätlichen Ausein­an­der­set­zungen gekommen war, untersagten die Kläger allen Beklagten die Nutzung der Wegeparzelle. Im Wege der zivil­recht­lichen Klage verlangten sie sodann von allen Beklagten, es zu unterlassen, das Wegegrundstück zum Gehen oder Fahren zu nutzen.

Kläger sind zur Duldung des Begehens und Befahrens ihres Wegegrundstücks verpflichtet

Die Klage blieb im Wesentlichen erfolglos. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat lediglich den Beklagten, mit dem es die tätlichen Ausein­an­der­set­zungen gab, zur Unterlassung der infrage stehenden Grund­s­tücks­nutzung verurteilt. Nach der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts sind die übrigen Beklagten berechtigt, das Wegegrundstück weiterhin zu benutzen, um zu den Stellplätzen ihrer Wohnungs­ei­gen­tums­anlage zu gelangen. Die Kläger seien verpflichtet, das Gehen und Fahren der übrigen Beklagten über ihr Wegegrundstück zu dulden. Zwar begründe die von den Rechts­vor­gängern der Kläger übernommene Baulast eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bauauf­sichts­behörde der Stadt Haltern. Sie beinhalte grundsätzlich kein zivil­recht­liches Nutzungsrecht des Eigentümers des begünstigten Grundstücks. Dieser könne allerdings einem zivil­recht­lichen Unter­las­sungs­an­spruch des Eigentümers des Wegegrundstücks den Einwand rechts­miss­bräuch­lichen Verhaltens entgegenhalten. Wenn sich jemand gegenüber der Baubehörde verpflichte, seinem Nachbarn ein Nutzungsrecht zu gewähren, liege es nahe, dass er auch zivilrechtlich keine Handlungen vornehmen dürfe, die den Nachbarn an der Ausübung gerade dieses Rechts hindere. Dies gelte jedenfalls, solange es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Baubehörde die Baulast nicht durchsetzen oder auf sie verzichten werde.

Unter­las­sungs­be­gehren des Klägers würde Beklagten an Ausübung des Wegerechts hindern

Die Baulast habe im vorliegenden Fall sicherstellen sollen, dass die Beklagten die rückwärtigen Stellplätze ihrer Wohnungs­ei­gen­tums­anlage erreichen und so die bauord­nungs­rechtlich erforderliche Anzahl von Stellplätzen vorhalten könnten. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Baubehörde diese Baulast nicht durchsetzen oder auf sie verzichten wolle. Bei dieser Sachlage verletzen die Kläger mit ihrem Unter­las­sungs­be­gehren nicht nur ihre Verpflichtung aus der Baulast gegenüber der Behörde, sondern hinderten zugleich die Beklagten an der Ausübung ihrer der Baulast entsprechenden Wegerechte. Das sei in Bezug auf die Beklagten, die mit den Klägern keine Ausein­an­der­setzung geführt hätten, treuwidrig.

Auf dieses treuwidrige Verhalten der Kläger könne sich allerdings der Beklagte, mit dem sich die Kläger tätlich ausein­an­der­gesetzt hätten, aufgrund seines eigenen treuwidrigen Verhaltens nicht berufen. Ihm gegenüber sei daher das Unter­las­sungs­be­gehren der Kläger begründet.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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