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- Mit Windkraftanlagen bebaute Grundstücks-Teilflächen sind nicht als wirtschaftliche Einheit anzusehenBundesfinanzhof, Urteil24.01.2012, II R 25/10
- Kaufvertragliche Regelung über Entschädigungszahlungen beim Betrieb von Windkraftanlagen auf landwirtschaftlichen, ehemals volkseigenen Flächen unwirksamLandgericht Berlin, Urteil24.02.2015, 19 O 207/14
Oberlandesgericht Hamm Urteil16.05.2017
Vertrag unter Nachbarn bei unterschiedlichem Verständnis über Begriff "Baulast" unwirksamBegriff "Baulast" objektiv mehrdeutig
Vereinbaren Nachbarn, dass der eine Nachbar auf seinem Grundstück eine "Baulast" für den Bau einer Windkraftanlage auf dem Grundstück des anderen Nachbarn übernehmen soll, ist die Vereinbarung unwirksam, wenn die Nachbarn den Begriff der "Baulast" unterschiedlich verstanden haben und die Auslegung ihrer Erklärungen auf kein gemeinsames Verständnis schließen lässt. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Brilon.
Beide Parteien des zugrunde liegenden Streitfalls stammen aus Marsberg. Der Kläger, Architekt, beteiligt sich an der Projektierung von Windkraftanlagen. Der Beklagte, Landwirt, ist Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen in Meerhof.
Zwecks Errichtung einer Windkraftanlage erwarb der Kläger im Jahre 2012 benachbarte Grundstücke zum Grundbesitz des Beklagten. Der Kläger plante eine Windkraftanlage, die den bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Abstand zum Grundstück des Beklagten nicht einhalten sollte. Aus diesem Grund benötigte der Kläger zur Erlangung der - bauordnungsrechtliche Belange einschließenden - Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (jedenfalls) die Bewilligung einer öffentlich-rechtlichen Abstandsflächenbaulast durch den Beklagten. Nach der Planung des Klägers sollten die Rotorblätter seiner Windkraftanlage außerdem über das Grundstück des Beklagten streichen. Aus diesem Grund verlangte die zuständige Behörde, eine - über eine Abstandsflächenbaulast - hinausgehende Vereinigungsbaulast auf dem Grundstück des Beklagten einzutragen. Nur mit einer solchen Baulast hätte der Kläger die erforderliche Genehmigung erhalten können, weil er dann - aus bauordnungsrechtlicher Sicht - zur Errichtung seiner Windkraftanlage beide Grundstücke in Anspruch nehmen konnte.
Kenntnis über überstreifende Rotorblätter zwischen den Parteien streitig
Die Parteien streiten darüber, ob dem Beklagten der zuletzt genannte Umstand der überstreifenden Rotorblätter bekannt war, als er mit dem Kläger im Juni 2012 die Übernahme einer - im Vertrag nicht näher umschriebenen - "Baulast" auf seinem Grundstück für den Bau der Windkraftanlage durch den Kläger vereinbarte.
Kläger erhält aufgrund ausgebliebener Bewilligung der Vereinigungsbaulast keine Genehmigung für Windkraftanlage
Zur Bestellung der erforderlichen Vereinigungsbaulast durch den Beklagten kam es in der Folgezeit unter anderem deswegen nicht, weil sich der Beklagte vor dem Vertragsschluss mit dem Kläger gegenüber einer anderen Gesellschaft verpflichtet hatte, dieser die Errichtung einer Windkraftanlage auf seinem Grundstück zu ermöglichen. Die von ihm geplante Windkraftanlage konnte der Kläger mangels erteilter Genehmigung nicht errichten. Hierfür machte er den Beklagten verantwortlich, weil dieser die Vereinigungsbaulast nicht bewilligt habe. Den Beklagten nahm er deshalb auf Schadensersatz für den ihm - dem Kläger - entgangenen Gewinn in Anspruch, den er auf ca. 515.000 Euro bezifferte. Der Beklagte ist dagegen der Auffassung, dass er dem Kläger in dem im Juni 2012 abgeschlossenen Vertrag allenfalls die Bewilligung eine Abstandsflächenbaulast, nicht aber die einer Vereinigungsbaulast zugesagt habe, und deswegen keinen Schadensersatz schulde.
OLG verneint Anspruch auf Schadensersatz
Das Schadensersatzbegehren des Klägers blieb vor dem Oberlandesgericht Hamm erfolglos. Dem Kläger stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Weigerung des Beklagten zu, die Eintragung einer Vereinigungsbaulast für das Bauvorhaben des Klägers zu bewilligen.
Parteien bemessen Bezeichnung "Baulast" unterschiedliche Bedeutung bei
Es fehle bereits an einer vertraglichen Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger für sein Bauvorhaben eine solche Baulast zu bewilligen. Eine solche Verpflichtung werde durch den im Juni 2012 abgeschlossenen Vertrag der Parteien nicht begründet. Äußerlich übereinstimmend hätten die Parteien in dem Vertrag zwar vereinbart, dass der Beklagte dem Kläger die Eintragung einer "Baulast" auf seinem Grundstück bewillige. Dabei hätten die Parteien der Bezeichnung "Baulast" allerdings eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen, so dass der Vertrag einen versteckten Einigungsmangel (Dissens) aufweise. Das ergebe die Auslegung der Vertragserklärungen der Parteien.
Begriff "Baulast" wurde von Parteien beim Vertragsschluss unterschiedlich verstanden
Der Begriff der "Baulast" sei objektiv mehrdeutig. Von den Parteien sei er beim Vertragsschluss unterschiedlich verstanden worden. Der Kläger habe den Begriff in dem Sinne verstanden, dass ihm der Beklagte die Baulast einräume, die er, der Kläger, für sein Bauvorhaben benötige. Das schließe die Bewilligung einer Vereinigungsbaulast ein. Demgegenüber habe der Beklagte die Vorstellung gehabt, dass lediglich eine Abstandsflächenbaulast gemeint sei. Dafür, dass der Beklagte dem Kläger keine Vereinigungsbaulast habe zusagen wollen, mit der der Kläger - aus bauordnungsrechtlicher Sicht - das Grundstück des Beklagten unbeschränkt habe bebauen dürfen, spreche u.a., dass der Beklagte dann der zuvor gegenüber einer anderen Gesellschaft übernommenen Verpflichtung, den Bau einer Windkraftanlage dieser Gesellschaft auf seinem Grundstück zu dulden, zuwidergehandelt hätte.
Begriff der "Baulast" nicht eindeutig
Ein geschütztes Vertrauen der Parteien, dass der Begriff der "Baulast" nur in einem einzigen Sinne aufgefasst werden könne, sei nicht festzustellen. Der Begriff der "Baulast" sei nicht eindeutig, weil es mehrere Arten von Baulasten gebe, die damit gemeint sein könnten. Es gebe auch keine Verkehrssitte, nach der der Begriff immer in einem bestimmten Sinn gebraucht werde. Wortlaut und Zweckbestimmung des Vertrages der Parteien sprächen nicht eindeutig für ein Vertragsverständnis im Sinne einer der Parteien. Ein solches Verständnis ergebe sich auch nicht aus ihrer Interessenlage. Dem Interesse des Klägers, die bauordnungsrechtliche Genehmigungsfähigkeit seines Bauvorhabens sicherzustellen, entspreche das auf die Bewilligung einer Vereinigungsbaulast gerichtete Vertragsverständnis. Demgegenüber werde dieses Verständnis den Interessen des Beklagten nicht gerecht, weil er mit einer solchen Baulast gegen eine andere, bereits zuvor begründete vertragliche Verpflichtung verstoßen hätte.
Der versteckte Dissens bewirke, dass der von den Parteien im Juni 2012 intendierte Vertrag nicht zustande gekommen sei, und daher keine Rechtsgrundlage für das Schadensersatzbegehren des Klägers darstellen könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.06.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
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