21.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil22.02.2016

Autokäufer muss bei fehlender Fahzeug­halter­eigenschaft Berechtigung zur Fahrzeug­ver­äu­ßerung des Verkäufers überprüfenBloßer Besitz von Fahrzeug­pa­pieren und -schlüsseln lässt gebotene Überprüfung durch Käufer nicht entfallen

Ist ein (privater) Verkäufer nicht als Halter in den Fahrzeug­pa­pieren eingetragen, muss ein (privater) Käufer von sich aus prüfen, ob der Verkäufer zum Fahrzeugverkauf berechtigt ist. Die bloße Angabe des Verkäufers, dass er ein gewerblicher Zwischenhändler sei und auch der Umstand, dass der Verkäufer im Besitz der Fahrzeugpapiere und der Fahrzeug­sch­lüssel ist, erübrigt die gebotene Überprüfung durch den Käufer nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Als privater Verkäufer bot der Kläger aus Schwülper im Jahr 2014 seinen PKW Audi Q3 im Internet zum Preis von ca. 32.000 Euro zum Verkauf an. Im November 2014 rief ihn ein vermeintlicher Kaufinteressent an, der - wie später ermittelt wurde - den Namen eines unbeteiligten Dritten benutzte, dem wenige Tage zuvor die Geldbörse mit persönlichen Papieren entwendet worden war. Die Beteiligten einigten sich über den Kaufpreis und verabredeten eine Besichtigung und eventuelle Abholung des Fahrzeugs durch einen Beauftragten des Kaufin­ter­es­senten. Seine Bankverbindung übermittelte der Kläger an eine ihm mitgeteilte E-Mail-Adresse.

Verkäufer übergibt Fahrzeugpapiere und Schlüssel an angeblich zum Kauf beauftragten Dritten

Zum vereinbarten Termin erschien eine Person, die dem Kläger die (entwendeten) Ausweispapiere des Dritten vorlegte und sich als dessen Beauftragter ausgab. Der Erschienene überließ dem Kläger eine vermeintlich echte Quittung eines Geldinstitutes über die beauftragte Überweisung des vereinbarten Kaufpreises von 30.500 Euro vom Konto des Dritten auf das Konto des Klägers. Die Beteiligten unterzeichneten einen schriftlichen Kaufvertrag und eine Erklärung zur Fahrzeu­g­übernahme, die eine im Namen des Dritten verfasste, auf dem Beauftragten ausgestellte Vollmacht zur Entgegennahme des Fahrzeugs enthielt.

In der Annahme einer bevorstehenden Gutschrift des Kaufpreises übergab der Kläger sein Fahrzeug mit sämtlichen Schlüsseln und den auf seinen Namen ausgestellten Fahrzeug­pa­pieren dem angeblichen Beauftragten des Dritten. Den Kaufpreis erhielt der Kläger in der Folgezeit nicht.

Beklagter erhält früheres Fahrzeug des Klägers gegen Barzahlung mit sämtlichen Papieren und Schlüsseln

Zwei Tage nach der Veräußerung des Fahrzeugs durch den Kläger stieß der - mit dem Kläger seinerzeit nicht bekannte - Beklagte aus Bochum bei einer Inter­net­re­cherche auf das Fahrzeug des Klägers. Dieses wurde über ein Internetportal für 22.900 Euro zum Verkauf angeboten. Die verkäu­fer­seitigen Informationen beschränken sich auf die Angabe "Privatanbieter", die Ortsangabe "Rheine" und die Mitteilung einer Handynummer. Der Beklagte nahm über die Handynummer Kontakt zum Anbieter auf und vereinbarte einen Besich­ti­gungs­termin in Rheine. Während der Anfahrt nach Rheine erhielt der Beklagte einen Anruf des Anbieters, eines vermeintlich gewerblichen Zwischen­händlers, der ihm ein Entgegenkommen anbot, so dass man sich in Greven traf. Probefahrt und Besichtigung des Fahrzeugs erfolgten sodann in Greven, die Beteiligten einigten sich auf einen bar zu zahlenden Kaufpreis von 21.700 Euro und eine umgehende Vertrags­ab­wicklung. Der Absprache entsprechend erfolgte die Kaufabwicklung am selben Abend am Wohnsitz des Beklagten in Bochum. Gegen Barzahlung erhielt der Beklagte das Fahrzeug mit sämtlichen Papieren und Schlüsseln. Die Beteiligten unterzeichneten einen schriftlichen Kaufvertrag über einen privaten Gebraucht­wa­genkauf, in dem der namentlich bezeichnete Verkäufer einen Wohnsitz in Rheine vorgab und sich mit Angaben eines serbischen Perso­na­l­aus­weises auswies.

Beteiligte streiten um Eigentum an Fahrzeug

Nachdem der Beklagte den Kläger unter Hinweis auf seinen vermeintlichen Fahrzeugerwerb kontaktiert hatte, erfuhren die Beteiligten von der Abwicklung der Betrugs­ge­schäfte unter dem Namen des unbeteiligten Dritten. Sie stritten daraufhin über das Eigentum an dem Fahrzeug, dessen wirksame Übereignung an den unbeteiligten Dritten der Kläger in Abrede stellte, während sich der Beklagte u.a. auf einen gutgläubigen Erwerb berief.

Kläger hat Eigentum am Fahrzeug durch Veräußerung nicht verloren

Das Oberlan­des­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Klägers. Der Kläger habe sein Eigentum an dem Fahrzeug durch die von ihm getätigte Veräußerung nicht verloren, so das Gericht. Das Fahrzeug sei nicht wirksam an einen Geschäfts­partner übereignet worden. Auf Käuferseite habe im vorliegenden Fall ein Vertre­ter­ge­schäft vorgelegen. Dieses habe der Kläger mit dem Namensträger, das sei der an den Betrugs­ge­schäften unbeteiligte Dritte gewesen, als Erwerber abschließen wollen. Mit dem Namensträger sei aber keine wirksame Vereinbarung zustande gekommen. Er habe die handelnden Personen zu dem Erwerbsgeschäft weder bevollmächtigt noch das Geschäft nachträglich genehmigt.

Beklagter hätte nicht auf Verfü­gungs­be­fugnis des angeblichen Kraft­fahr­zeughändler zum Verkauf des Fahrzeugs vertrauen dürfen

Das Eigentum an dem Fahrzeug habe der Beklagte bei seinem Erwerbsgeschäft nicht vom berechtigten Kläger und auch nicht gutgläubig von einem Nicht­be­rech­tigten erworben. Ein gutgläubiger Erwerb komme nicht in Betracht, wenn dem Käufer bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sei, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehöre. Hiervon sei im vorliegenden Fall auszugehen. Dem Beklagten hätte sich aufdrängen müssen, dass das Kraftfahrzeug nicht dem Verkäufer gehörte und dieser nicht zur Veräußerung befugt gewesen sei. Beim Erwerb eines Kraftfahrzeuges müsse sich der Erwerber die Zulas­sungs­be­schei­nigung Teil II, den früheren Kraft­fahr­zeugbrief, vorlegen lassen. Mit Hilfe der dortigen Eintragungen habe er die Möglichkeit, eine Veräu­ße­rungs­be­fugnis des Fahrzeug­be­sitzers beim eingetragenen Fahrzeughalter zu hinterfragen. Auch wenn in diesem Zusammenhang der Veräußerer im Besitz des Fahrzeuges und der Zulas­sungs­be­schei­nigung sei, sei der Erwerber bösgläubig, wenn besondere Umstände seinen Verdacht erregen müssten und er diese Umstände unbeachtet lasse. Das treffe auf den Beklagten zu. Der Beklagte habe den ihm vorgelegten Origi­na­l­fahr­zeug­pa­pieren entnehmen können, dass der ihm gegenüber tretende Veräußerer nicht der letzte Fahrzeughalter sei. Die Angaben des Inter­ne­t­an­gebots und auch der dem Beklagten vorgelegte schriftliche Kaufvertrag hätten zudem gegen einen Verkauf durch einen gewerblichen Händler gesprochen. Aufgrund dieser Umstände habe der Beklagte weitere Nachforschungen anstellen müssen. Auf die Verfü­gungs­be­fugnis eines Kraft­fahr­zeughändlers habe er nicht vertrauen können, weil der Verkauf nicht im Rahmen eines ordnungsgemäßen Kraft­fahr­zeug­handels erfolgt sei.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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