21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil18.02.2015

Patientin erhält nach verzögerter Tumorbehandlung 15.000 Euro SchmerzensgeldSpäter eingetretene Komplikationen sind auf zeitliche Verzögerung bei der Behandlung zurückzuführen

Verzögert ein grober Befund­erhebungs­fehler die Behandlung eines Synovialsarkoms im Unterschenkel einer Patientin, kann eine nach der Behandlung zurückbleibende dauerhafte Fuß- und Groß­zehen­heber­schwäche dem Behand­lungs­fehler zuzurechnen sein und ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro rechtfertigen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm unter Abänderung des erstin­sta­nz­lichen Urteils des Landgerichts Münster.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Jahre 1987 geborene Klägerin aus Steinfurt, seinerzeit Studentin der Tiermedizin, suchte in den Jahren 2009 und 2010 mehrfach den beklagten Orthopäden aus Steinfurt auf, weil sie u.a. Schmerzen im rechten Bein verspürte. Der Beklagte diagnostizierte einen Kiefer­ge­lenk­schaden, einen Kopfschmerz, eine Fibula­köpf­chen­blo­ckierung und ein HWS-Syndrom. Er veranlasste entsprechende Behandlungen, die die Beschwerden der Klägerin nicht beseitigen konnten. Erst eine im Januar 2011 durchgeführte kernspin­to­mo­gra­fische Untersuchung ergab Anhaltspunkte für eine Tumorerkrankung, die sich nach ihrer operativen Versorgung im März 2011 als Synovialsarkom bestätigte. In der Folgezeit stellte sich bei der Klägerin eine dauerhafte Fuß- und Großze­hen­he­ber­schwäche ein. Mit der Begründung, der Beklagte habe es versäumt, rechtzeitig bildgebende Befunde zu erheben, die eine frühere Behandlung des Tumors mit dann weniger schwerwiegenden Folgen ermöglicht hätten, hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro.

OLG Klägerin wurde grob fehlerhaft behandelt

Nach der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm kann die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro verlangen. Nach der vom Gericht durchgeführten Beweisaufnahme sei die Klägerin vom Beklagten im März 2010 grob fehlerhaft behandelt worden. Der Beklagte habe es zu diesem Zeitpunkt versäumt, die Beschwerden der Klägerin durch bildgebende Verfahren weiter abzuklären. Der vom Gericht angehörte medizinische Sachverständige habe bestätigt, dass eine im März oder April 2010 durchgeführte Bildgebung einen behand­lungs­be­dürftigen Tumorbefund ergeben hätte.

Verzögerte Behandlung führte zur Verschlech­terung der Voraussetzungen für erfolgreiche und kompli­ka­ti­o­nsfreie Behandlung

Der grobe Behandlungsfehler bewirke eine Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin. Zu ihren Gunsten sei davon auszugehen, dass die vom Beklagten zu vertretene zeitliche Verzögerung bei der Behandlung des Synovialsarkoms auch die später eingetretenen Komplikationen der Fuß- und Großze­hen­he­ber­schwäche bewirkt habe. Nach den Feststellungen des Sachver­ständigen sei der grobe Behand­lungs­fehler generell geeignet gewesen, diesen Gesund­heits­schaden bei der Klägerin hervorzurufen. Die um ca. 8 bis 9 Monate verzögerte Behandlung und das Tumorwachstum in dieser Zeit hätten die Voraussetzungen für eine erfolgreiche und kompli­ka­ti­o­nsfreie Behandlung des Sarkoms verschlechtert. Den aufgrund der Beweis­la­st­umkehr zugunsten der Klägerin anzunehmenden Kausa­l­zu­sam­menhang habe der Beklagte nicht widerlegen können.

Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro gerechtfertigt

Da die bei der Klägerin entstandene Fuß- und Großze­hen­he­ber­schwäche bei der Bemessung des Schmer­zens­geldes zu berücksichtigen sei und die Klägerin mit diesen Einschränkungen ihrer Beweglichkeit dauerhaft leben müsse, sei ein Schmerzensgeld in der zuerkannten Höhe gerechtfertigt.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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