18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einem Arzt im Vordergrund.
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Oberlandesgericht Hamm Urteil21.11.2014

Patientin hat wegen eines zu spät behandelten Dünn­darm­ver­schlusses Anspruch auf 90.000 Euro SchmerzensgeldGesundheit aufgrund des groben Behand­lungs­fehlers dauerhaft erheblich beeinträchtigt

Das Oberlan­des­gericht Hamm hat entschieden, dass eine Patientin vom Krankenhaus und vom verant­wort­lichen Arzt 90.000 Euro Schmerzensgeld beanspruchen kann, weil ein Dünnda­rm­ver­schluss zu spät erkannt und behandelt wurde und ihre Gesundheit aufgrund dieses groben Behand­lungs­fehlers dauerhaft erheblich beeinträchtigt ist.

Im zugrunde liegenden Streitfall begab sich die 1951 geborene, in der ambulanten Pflege tätige Klägerin aus Wickede wenige Tage nach einer Mitte Dezember 2008 plötzlich aufgetretenen Übelkeit in die stationäre Behandlung des beklagten Krankenhauses in Soest und wurde im Fachbereich des mitverklagten Arztes aufgenommen. Ende des Jahres musste sie im Krankenhaus notfallmäßig operiert werden, weil sich ihr Gesund­heits­zustand weiter verschlechtert hatte. Dabei stellte man einen ausgeprägten Verschluss des Dünndarms fest, der bereits zum teilweisen Absterben eines Darmteils und zu einer Perforation des Darms geführt hatte.

Patientin verlangt Schmerzensgeld in Höhe von 125.000 Euro

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Darmverschluss zu spät erkannt und behandelt worden sei. Deswegen leide sie heute u.a. an einem Kurzdarmsyndrom sowie einer Osteoporose mit Wirbelbrüchen und an einer reaktiven Depression. Sie sei arbeitsunfähig, habe über 10 kg an Körpergewicht und mehrere cm an Körpergröße verloren. Von den Beklagten hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 125.000 Euro.

In Betracht kommender Verschluss des Dünndarms hätte frühzeitig abgeklärt werden müssen

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren der Klägerin war weitgehend erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat ihr nach der Anhörung eines medizinischen Sachver­ständigen 90.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Vor der Notoperation seien notwendige diagnostische und therapeutische Maßnahmen grob fehlerhaft unterlassen worden. Aufgrund anhaltender Beschwerden und noch nicht ermittelter Ursachen hätte der in Betracht kommende Verschluss des Dünndarms frühzeitig abgeklärt werden müssen, was unterblieben sei.

Mitur­säch­lichkeit eines Behand­lungs­fehlers begründet Haftung für den gesamten Schaden

Durch eine frühzeitigere chirurgische Behandlung des Darmver­schlusses sei mit hoher Wahrschein­lichkeit das Absterben des Darmteils und die Perforation zu verhindern gewesen. Davon sei nach dem Gutachten des Sachver­ständigen unter Berück­sich­tigung der sich aus dem groben Behandlungsfehler ergebenden Beweis­la­st­umkehr auszugehen. Die Klägerin leide an einem Kurzdarmsyndrom, so dass ihr Dünndarm Fette und fettlösliche Substanzen nicht mehr richtig aufnehmen könne. Auch diese Folge der Darmverkürzung sei der grob fehlerhaften Behandlung zuzurechnen. Für sie hafteten die Beklagten in vollem Umfang, auch wenn weitere, vom Behand­lungs­fehler unabhängige Ursachen denkbar sein. Eine Mitur­säch­lichkeit des Behand­lungs­fehlers begründe die Haftung für den gesamten Schaden, wenn - wie im Fall der Klägerin - ein auf diese Ursache zurück­zu­füh­render abgrenzbarer Teil des Schadens nicht zu bestimmen sei. Weitere Schadensfolgen seien zudem die Osteoporose mit den Wirbelbrüchen und auch die von der Klägerin erlittene Depression. Demgegenüber sei eine Geschmacks­emp­fin­dungs­störung der Klägerin keine Folge des Behand­lungs­fehlers. Insoweit gelte keine Beweis­la­st­umkehr zugunsten der Klägerin, weil es sich um einen Folgeschaden handele.

Erhebliche gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen rechtfertigen Schmer­zens­geldan­spruch

Die von der Klägerin als Folge des Behand­lungs­fehlers erlittenen erheblichen gesund­heit­lichen Beein­träch­ti­gungen, die zum Teil lebenslang fortbestünden und auch ihre Arbeits­un­fä­higkeit begründet hätten, rechtfertigten ein Schmerzensgeld in der vom Oberlan­des­gericht zuerkannten Höhe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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