14.11.2024
14.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Hamm Urteil19.12.2014

Physiotherapeut darf Patienten mit Problemen im Nacken- und Rückenbereich nicht "einrenken"Patient muss jedoch Vornahme einer unzulässigen Manipulation nachweisen können

Ein Physiotherapeut darf einen Patienten mit Verspannungen im Bereich des Nackens und des Rückens mobilisieren. Eine Manipulation, das sogenannte Einrenken, ist einem Arzt vorbehalten. Lässt sich im Streitfall nicht feststellen, dass eine physio­thera­peutische Behandlung bereits eine unzulässige Manipulation und keine zulässige Mobilisation mehr war, geht dies zu Lasten des für die Fehlbehandlung beweis­pflichtigen Patienten. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der im Jahre 1974 geborene Kläger aus dem Kreis Minden-Lübbecke litt 2008 unter Verspannungen im Rücken- und Nackenbereich. Die ärztlich verordneten physio­the­ra­peu­tischen Behandlungen ließ der Kläger in der ortsansässigen Praxis der beklagten Physio­the­ra­peutin durchführen. Nach der vierten Behandlung verspürte der Kläger linksseitige Lähmungs­er­schei­nungen, die auf einem Hirninfarkt beruhten, weil es zu einer Dissektion (Gefäß­wand­ver­letzung) der Arterie vertebralis (Wirbelaterie) gekommen war. Nach zwei stationären Behandlungen und Rehabi­li­ta­ti­o­ns­be­hand­lungen ließ sich der Kläger 2010 vom Tischler zum Groß- und Außen­han­dels­kaufmann umschulen. Von der Beklagten hat er Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld von 110.000 Euro nebst einer monatlichen Schmer­zens­geldrente von 100 Euro und den Ersatz materieller Schäden von ca. 85.000 Euro. Er hat u.a. gemeint, dass er den Schlaganfall erlitten habe, weil die ihn behandelnde Physio­the­ra­peutin ein unzulässiges Einrenkmanöver durchgeführt und dabei die Arterie verletzt habe. Zudem sei er über die Risiken der Behandlung nicht hinreichend aufgeklärt worden.

OLG verneint physio­the­ra­peu­tische Fehlbehandlung

Die Schaden­s­er­satzklage blieb jedoch erfolglos. Auch nach Anhörung eines medizinischen Sachver­ständigen konnte das Oberlan­des­gericht Hamm keine physio­the­ra­peu­tische Fehlbehandlung in der Praxis der Beklagten feststellen. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass er mit einer nur den Ärzten vorbehaltenen Manipulation behandelt worden sei. Die feststellbaren Behand­lungs­weisen könnten zulässige Mobili­sa­ti­o­ns­be­hand­lungen gewesen sein, die von der Physio­the­ra­peutin fachgerecht mit einem Probezug, dem Release, begonnen und dann mangels feststellbarer Schmer­z­äu­ße­rungen des Klägers in richtiger Weise fortgesetzt worden sein. Allein der zeitliche Zusammenhang zwischen der Behandlung und der Dissektion mit Hirninfarkt belege keine unzulässige Manipulation, weil die Arterie des Klägers bereits vorgeschädigt gewesen sein könne.

Keine fehlende Aufklärung seitens der Praxis

Der Vorwurf einer fehlenden Aufklärung könne der Beklagten ebenfalls nicht gemacht werden, weil eine gesunde Arterie durch eine Mobilisation nicht geschädigt werden könne und eine Aufklärung deswegen nicht erforderlich sei.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil20731

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI