18.10.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil14.03.2017

Pflicht­teils­anspruch darf mit Darlehensschuld verrechnet werdenErbin muss Pflicht­teils­berechtigten nicht auszahlen

Kann eine Erbin gegenüber einem Pflicht­teils­anspruch mit einer zum Nachlass gehörenden Darle­hens­for­derung gegen den Pflicht­teils­berechtigten aufrechnen, muss sie keinen Pflichtteil zahlen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien, der heute 68 Jahre alte Kläger aus Lübbecke und die heute 59 Jahre alte Beklagte aus Kirchlengern, sind Geschwister. Der Kläger verlangte den Pflichtteil nach der im September 2011 im Alter von 86 Jahren verstorbenen Mutter der Parteien. Nach dem Tode ihres 74-jährigen Ehemanns im Jahre 1994 war die ihren Mann allein beerbende Mutter Allein­ei­gen­tümerin eines Hausgrundstücks in Kirchlengern. Auf diesem hatte der Kläger in den 1970er Jahren einen Anbau an das Wohnhaus seiner Eltern errichtet.

Testament legt Verrechnung des noch nicht zurückgezahlten Darlehnsbetrags mit dem Pflichtteil fest

Im Rahmen einer Umschuldung des Klägers Anfang der 1990er Jahre erwarb sein im Jahre 1970 geborener Sohn das Teilgrundstück mit dem Anbau. Von seinen Eltern erhielt der Kläger nach einem notariell beurkundeten Vertrag aus dem Jahre 1992 ein Darlehen, welches in Höhe von 95.000 DM (entspricht 48.572,73 Euro) noch nicht getilgt ist. Mit einem im Jahre 1998 errichteten Testament bestimmte die ihren Ehemann allein beerbende Mutter die Beklagte zu ihrer Alleinerbin und ordnete an, dass sich der Kläger den nicht zurückgezahlten Darlehnsbetrag auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen müsse.

Kläger verneint noch zu ausstehende Darle­hens­rü­ck­zahlung

Nach dem Tode der Mutter hat der Kläger von der Beklagten einen mit ca. 44.650 Euro berechneten Pflichtteil geltend gemacht, dessen Zahlung die Beklagte nach Aufrechnung mit dem zwischen­zeitlich gekündigten Darlehen verweigerte. Zur Begründung seiner gegen die Beklagte erhobenen Zahlungsklage hat der Kläger unter anderem vorgetragen, keine Darlehensrückzahlung zu schulden. Der Darle­hens­vertrag aus dem Jahre 1992 sei ein Scheingeschäft gewesen und von seiner damaligen Bank erzwungen worden. Seine Bankschulden hätten seine Eltern gegen seinen Willen bezahlt und eine Erstattung von ihm, dem Kläger, nie eingefordert.

Pflicht­teils­an­spruch mit Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­for­derung erloschen

Die Zahlungsklage des Klägers blieb erfolglos. Nach der Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm stand dem Kläger zwar ein Pflicht­teils­an­spruch in der geltend gemachten Höhe zu. Dieser sei jedoch durch die Aufrechnung der Beklagten mit der Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­for­derung erloschen, so das Gericht.

Erbin darf mit Rückzah­lungs­an­spruch gegenüber Pflicht­teils­an­spruch aufrechnen

Als Sohn der Erblasserin sei der Kläger pflicht­teils­be­rechtigt. Die Erblasserin habe die Beklagte als Alleinerbin eingesetzt und den Kläger so enterbt. Die Erblasserin habe ein Nachlass im Wert von ca. 178.600 Euro hinterlassen, aus dem sich - ausgehend von einem hälftigen gesetzlichen Erbteil - ein Pflicht­teils­an­spruch des Klägers in Höhe von ca. 44.650 Euro errechne. Dieser Anspruch sei allerdings aufgrund der von der Beklagten erklärten Aufrechnung erloschen. Infolge des Erbfalls habe die Beklagte den Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­an­spruch ihrer Mutter gegen den Kläger erworben. Mit diesem Rückzah­lungs­an­spruch könne sie gegenüber dem Pflicht­teils­an­spruch aufrechnen.

Angebliches Scheingeschäft vom Kläger nicht ausreichend bewiesen

Dem Kläger sei 1992 von seinen Eltern ein Darlehen zur Ablösung seiner Schulden gewährt worden, das in Höhe von 95.000 DM (48.572,73 Euro) noch nicht getilgt sei. Die notarielle Vereinbarung aus dem Jahre 1992 bestätige diese Rückzah­lungs­ver­pflichtung, die der Kläger in der Urkunde anerkannt habe. Dass die beurkundete Vereinbarung ein Scheingeschäft gewesen oder vom Kläger seinerzeit durch ein unlauteres Verhalten seiner Bank erzwungen worden sei, habe der Kläger nicht bewiesen. Insoweit folge der Senat der vom Landgericht vorgenommenen Beweiswürdigung. Das Landgericht habe sich nach der Vernehmung des Sohnes des Klägers und des den Vertrag aus dem Jahre 1992 beurkundenden Notars von der Richtigkeit der Darstellung des Klägers nicht überzeugen können.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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