21.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil11.10.2016

Pflicht­teils­an­spruch: Zur Sitten­wid­rigkeit einer AbtretungBewusst wahrheits­widrige Angaben durch Kläger

Dient die Abtretung eines Pflicht­teils­an­spruchs zur gerichtlichen Geltendmachung durch den Sohn des Berechtigten dazu, das erwartete Erbe dem Zugriff des Sozia­l­leis­tungs­trägers zu entziehen, so ist die Abtretung sittenwidrig und damit nichtig. Dies hat das Landgericht Coburg entschieden.

Im vorliegenden Fall sollte, weil der Vater des Klägers Sozialleistungen bezog, die bei der Erlangung des erhoffen Erbes nicht mehr gezahlt werden würden, ein Pflicht­teils­an­spruch des Vaters auf den Sohn übertragen und von diesem gegen die Erben, die Geschwister des Vaters, eingeklagt werden. Hierzu hatte der Vater seinen Pflicht­teils­an­spruch zunächst bereits 2013 für 1,00 € an seinen Sohn verkauft und abgetreten. Diesen Vertrag hatten die beiden später aufgehoben und rückabgewickelt, bevor sie im Jahr 2015 den Anspruch des Vaters erneut auf den Sohn übertrugen.

Bedenken gegen Wirksamkeit der Übertragung

Die beklagten Verwandten hatten Bedenken gegen die Wirksamkeit der Übertragung geltend gemacht. Der Kläger behauptete hierzu, sein Vater habe ihm den Anspruch übertragen, um ein Darlehen zurückzuzahlen, welches der Kläger seinem Vater früher einmal gewährt hätte. Dieses Darlehen hätte den erwarteten Pflicht­teils­an­spruch von mehr als 30.000,00 € sogar noch überstiegen. Auch sei das Jobcenter als der Sozialleistungsträger des Vaters mit der Übertragung einverstanden gewesen.

LG: Angaben des Klägers frei erfunden

Das Gericht schenkte dem Vortrag des Klägers keinen Glauben und entlarvte seine Angaben als frei erfunden. Nach der Überzeugung des Gerichts sollte durch die Übertragung des Anspruchs auf den Sohn einzig und allein vermieden werden, dass der Vater den Erlös aus der Erbschaft für seinen Lebensunterhalt verwenden müsste und dann keine Sozia­l­leis­tungen mehr erhalten würde.

Wider­sprüchliche Angaben stärkt Gericht in seiner Überzeugung

Auch die Erklä­rungs­versuche der Klägerseite konnten das Gericht in seiner Überzeugung nicht erschüttern. So konnte der Kläger schon gar nicht genau angeben, wann er seinem Vater ein Darlehen gewährt haben wollte und in welche Höhe. Hierzu im Widerspruch stand auch der ursprüngliche Vertrag aus dem Jahr 2013. Dort war von einem Darlehen und dessen Rückzahlung keine Rede. Vielmehr sollte dort der Pflicht­teils­an­spruch ja gerade für 1,00 € verkauft werden. Auch woher der noch junge Kläger, der bis kurz vor dem Prozess selbst noch Schüler gewesen war, Geld in einer Größenordnung von mehr als 30.000,00 € hätte nehmen sollen, um dieses seinem Vater zu überlassen, konnte nicht plausibel erklärt werden. Schließlich ergab sich aus einem Schreiben des Jobcenters, dass auch das vom Kläger behauptete Einverständnis mit der Übertragung des Pflicht­teils­an­spruchs tatsächlich nicht vorlag. Dort hatte der Vater des Klägers schließlich auch nicht die Rückzahlung eines Darlehens, sondern vielmehr gesundheitliche Gründe für die Übertragung des Anspruchs angegeben.

Klage abgewiesen: Pflicht­teils­an­spruchs­über­tragung sittenwidrig

Insgesamt war das Gericht davon überzeugt, dass die Angaben des Klägers bewusst wahrheitswidrig erfolgten, um das erwartete Erbe dem Zugriff des Jobcenters zu entziehen. Die Übertragung des Pflicht­teils­an­spruchs auf den Sohn widerspricht damit nach der Entscheidung des Landgerichts dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Sie ist deshalb sittenwidrig und damit nichtig, also unwirksam. Die Klage wurde deshalb abgewiesen. Der Kläger muss jetzt, weil das Gericht schon im Vorfeld die Bewilligung von Prozess­kos­tenhilfe für den Rechtsstreit abgelehnt hatte, neben den Gerichtskosten auch die eigenen Rechts­an­walts­kosten und diejenigen der beiden Beklagten selbst zahlen.

Quelle: Landgericht Coburg/ ra-online

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