15.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Beschluss10.11.2015

Internetverbot nach Verbreitung kinder­porno­graphischer Schriften gerechtfertigtLebensführung wird durch Internetverbot nicht unzumutbar belastet

Einem wegen Verbreitung kinder­porno­graphischer Schriften Verurteilten kann ein "Internetverbot" als Bewäh­rungs­weisung erteilt werden, sofern Bereiche, in denen der Verurteilte zur Lebensführung die Nutzung des Internets angewiesen ist, ausgenommen werden. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der heute 49 Jahre alte Verurteilte aus Witten ist in den Jahren 2011 und 2012 wegen Verbreitung kinderpor­no­gra­phischer Schriften zu Freiheits­s­trafen von insgesamt drei Jahren sechs Monaten verurteilt worden. Nach der Verbüßung von Zweidritteln der Strafen ist die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt worden.

Verurteilter hält Umsetzung des Internetverbots für unmöglich

Dem Verurteilten wurde im Wege der Bewäh­rungs­weisung untersagt, einen Internetanschluss zu betreiben, vorzuhalten oder zu nutzen. Hiervon ist die für eine Umschulung notwendige Internetnutzung in den Schulungs­räum­lich­keiten ausgenommen worden. Der Verurteilte hat die Aufhebung der Weisung u.a. mit der Begründung beantragt, dass eine Kommunikation ohne das Internet in der heutigen Zeit praktisch nicht mehr möglich sei. Das Verbot erschwere in unzumutbarer Weise Dinge des alltäglichen Lebens wie z.B. den Kontakt zu Behörden. Zudem sei heutzutage ein Telefo­n­an­schluss ohne Internet zu keinem vernünftigen Preis mehr zu erhalten.

Internetverbot stellt keine unzumutbaren Anforderungen an Lebensführung

Das Landgericht Dortmund wies den Antrag, die Weisung aufzuheben, zurück. Die gegen diese Entscheidung vom Verurteilten eingelegte Beschwerde blieb vor dem Oberlan­des­gericht Hamm erfolglos. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass dem Verurteilten zu Recht untersagt worden sei, einen Inter­ne­t­an­schluss zu unterhalten, in sonstiger Weise vorzuhalten oder zu nutzen, soweit es nicht um die zur Umschulung ausdrücklich gestattete Internetnutzung gehe. Die Weisung stelle keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten. Sie verstoße nicht gegen das Grundrecht der Infor­ma­ti­o­ns­freiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz.

Mit Internetverbot verbundene Einschränkungen seiner Lebensführung nicht unzumutbar

Zwar sei der Schutzbereich des Grundrechts betroffen, weil das Internet dazu geeignet und bestimmt sei, der Allgemeinheit Informationen zu verschaffen. Das Grundrecht sei aber nicht vorbehaltlos gewährleistet und könne durch eine Bewäh­rungs­weisung eingeschränkt werden. Mit der Weisung werde die Lebensführung des Verurteilten nicht unzumutbar belastet. Angesichts der von ihm begangenen Taten sei sein weitgehender Ausschluss von der Internetnutzung eine Hilfe, um nicht erneut straffällig zu werden. Die hiermit verbundenen Einschränkungen seiner Lebensführung seien nicht unzumutbar. Der Verurteilte könne sich weiterhin z.B. über Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblätter, Radio oder Fernsehen Informationen jeglicher Art verschaffen. Ihm stehe auch frei, Dritte zu bitten, ihm Ausdrucke aus dem Internet z.B. mit Wohnungs- oder Stellenanzeigen zur Verfügung zu stellen. Telefon und Fernsehen dürfe er nutzen. Dabei seien die Kosten eines isolierten Telefon- und eines isolierten Kabel­an­schlusses möglicherweise höher als bei Gesamtpakten, die die Internetnutzung einschlössen. Auch dies mache die Weisung nicht unzumutbar. Angesichts der vorhandenen weiteren Infor­ma­ti­o­ns­mög­lich­keiten müsse der Verurteilte im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten entsprechende Prioritäten setzen.

Erschwerte Kommunikation ist hinzunehmen

Zudem sei die Weisung nicht unver­hält­nismäßig. Der Verurteilte könne zwar nicht über das Internet kommunizieren und auch keine E-Mails versenden. Ihm stünden aber genügend andere Kommu­ni­ka­ti­o­ns­mög­lich­keiten wie z.B. mittels Telefon, Telefax, Brief oder persönliche Vorsprache zur Verfügung. Dass seine Kommunikation hierdurch eventuell leicht erschwert oder etwas verlangsamt werde, müsse er hinnehmen. Eine solche vergleichsweise geringe Beein­träch­tigung sei angemessen, weil es nicht unerhebliche Straftaten zu vermeiden gelte.

Internetnutzung noch nicht existenzwichtig

Dass eine Internetnutzung derzeit noch nicht existenzwichtig sei, zeige sich schon dran, dass im Jahre 2014 der Anteil der Internetnutzer bei etwa 61,6 % der Gesamt­be­völ­kerung gelegen und nur etwa 79,5 % der Gesamt­be­völ­kerung über einen Internetzugang verfügt habe.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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