18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil09.08.2018

Schwimmbecken statt Bio-Teich: Fristlose Kündigung eines Grund­s­tü­ck­mieters gerechtfertigtUmgestaltung stellt sich nicht als "vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache" dar

Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass einem Mieter fristlos gekündigt werden kann, wenn er ohne Einverständnis des Vermieters ein betoniertes Schwimmbecken errichtet. Der Mieter ist darüber hinaus zum Rückbau verpflichtet.

Im zugrunde liegenden Streitfall überließ das Land Hessen dem Beklagten im Jahre 2002 zwei Grundstücke im Kompo­nis­ten­viertel in Wiesbaden, die nunmehr der klagenden Stadt Wiesbaden gehören. Der Beklagte durfte die Grundstücke als Gartengelände nutzen und verpflichtete sich zu ihrer Pflege. Ein gesondertes Entgelt war nicht zu entrichten. Der maßgebliche Bebauungsplan sieht vor, dass die Flächen als Parkanlagen anzulegen sind. Bauliche Anlagen dürfen nicht errichtet werden.

Stadt genehmigt Bau eines "Biotops mit kleiner Teichanlage"

Im Jahr 2013 informierte der Beklagte die Stadt, dass er die Anlage eines "Biotops mit kleiner Teichanlage" plane und fügte Planungs­un­terlagen für einen "Teich" bei. Ob die Stadt diese Umgestal­tungs­maßnahme genehmigt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Nachfolgend erstellte der Beklagte - nach einem entsprechenden Erdaushub - u.a. ein betoniertes Becken, errichtete massive Betonstützwände und verlegte Versorgungs- und Entsor­gungs­lei­tungen. Die Stadt Wiesbaden forderte daraufhin den Beklagten erfolglos zum Rückbau dieser Maßnahmen mangels Genehmigung auf. Schließlich kündigte sie den Nutzungsvertrag fristlos.

Stadt verlangt Räumung der Grundstücke und vollständigen Rückbau

Das Bauaufsichtsamt erließ darüber hinaus eine baupolizeiliche Verfügung und untersagte dem Beklagten die Errichtung eines "geplanten Schwimmbeckens". Angrenzende Nachbarn kündigten darüber hinaus Schaden­s­er­satz­ansprüche an. Die Stadt Wiesbaden verlangt vom Beklagten nunmehr die Räumung der Grundstücke und den vollständigen Rückbau.

Mietverhältnis wurde wirksam fristlos gekündigt

Das Landgericht Wiesbaden gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main keinen Erfolg. Die Stadt habe das Mietverhältnis wirksam fristlos gekündigt, so das Oberlan­des­gericht. Die massiven Betonarbeiten im Zusammenhang mit dem vom Beklagten als "Gartenteich", "Schwimmteich", "Biotop mit Teich" apostrophierten Wasserbehältnis, welches die Klägerin als "Schwimmbecken" angesehen habe, hätten das Grundstück erheblich verändert. Die Umgestaltung stelle sich nicht mehr als vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache dar, sondern greife in die Substanz ein. Eine derartige Veränderung habe die Stadt nicht genehmigt. Zwar sei davon auszugehen, dass die Anlage eines Biotops mit kleinem Teich die Zustimmung gefunden habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe jedoch fest, dass sich dieses Einverständnis nicht auf die tatsächlich vom Beklagten vorgesehene Ausführung durch Betonierung der Teichsohle mit einer aufgestellten Verschalung bezogen habe. Gegen ein derartiges Verständnis würden bereits die vom Beklagten selbst der Stadt eingereichten Unterlagen für ein "Biotop mit Teich" sprechen. Die baurechtliche Ausfüh­rungs­planung zeige demgegenüber ein "recht massives rechteckiges Becken, welches stark an die von der Klägern gewählte Bezeichnung "Schwimmbecken" erinnere, so das Oberlan­des­gericht.

Handeln des Mieters war formell baurechtswidrig

Ob die Anlage eines Teiches aufgrund der örtlichen Lage tatsächlich nur mit einer entsprechenden Betonbewährung hätte errichtet werden können, könne dabei offenbleiben. Jedenfalls habe sich das Einverständnis der Stadt erkennbar nicht auf eine derartige Maßnahme bezogen. Ohne Erfolg wende der Beklagte auch ein, dass er letztlich ein herun­ter­ge­kommenes und zugemülltes, teilweise kontaminiertes Grundstück dem ästhetischen und landschafts­gärt­ne­rischen Niveau anderer Grün- und Parkanlagen der Stadt Wiesbaden angepasst habe. Er habe jedenfalls bei der Umsetzung seiner durchaus ehrenwerten Pläne und Absichten die Rechte Dritter durch Verletzung von Abstandsnormen ignoriert und formell baurechtswidrig gehandelt. Die Klägerin könne deshalb die Herbeiführung eines vertragsgemäßen und baupla­nungs­gemäßen Zustands verlangen, unabhängig davon, ob sie selbst das Grundstück hinreichend pflegen wird.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil26358

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI