21.11.2024
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Oberlandesgericht Celle Urteil30.01.2013

Forderung einer Spermaprobe von eineiigen Zwillingen zur Aufklärung der Abstammung eines Kindes unzumutbarKindesmutter hatte während der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechts­verkehr mit eineiigen Zwillingen

Eineiigen Zwillingen ist im Rahmen eines Abstammungs­verfahrens die Abgabe einer Spermaprobe oder die Einbeziehung ihres codierenden DNA-Bestandteil in die Abstammungs­untersuchung unzumutbar. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Celle hervor. Denn nach den bisherigen anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft verspricht deren Untersuchung keine Aufklärung des Sachverhaltes. Haben eineiige Zwillinge in der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Kindesmutter verkehrt, lässt sich nach dem heutigen Stand der Wissenschaft die Vaterschaft nicht durch ein genetisches Abstammungs­gutachten, klären.

In dem zugrunde liegenden Fall hatten der Beklagte als auch dessen Zwillingsbruder in der gesetzlichen Empfängniszeit Geschlechts­verkehr mit der Kindesmutter.

Gesetzliche Vater­schafts­ver­mutung durch schwerwiegende Zweifel entkräftet

Hatte das Amtsgericht der Klage in erster Instanz noch stattgegeben, so entschied das Oberlan­des­gericht auf die Berufung des Beklagten nunmehr, dass sich weder durch die Zeugenaussagen, noch durch Abstam­mungs­un­ter­su­chungen mit dem für die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft erforderlichen Wahrschein­lich­keitsgrad die Abstammung des Klägers aufklären lasse. Zum einen lasse sich die Vaterschaft des Beklagten nicht mit der gesetzlichen Vaterschaftsvermutung begründen, wonach derjenige als Vater vermutet wird, der der Kindesmutter während der Empfängniszeit beiwohnte (§ 1600 d Abs. 2 S. 1 BGB). Diese gesetzliche Vermutung sei durch schwerwiegende Zweifel entkräftet. Denn aufgrund der Zeugenaussagen, habe das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit sowohl mit dem Beklagten als auch mit dessen Zwillingsbruder verkehrte.

Erfolgsaussicht von nicht erprobten Verfahren nur gering

Zum anderen konnte anhand der fünf Sachver­stän­di­gen­gut­achten festgestellt werden, dass beim jetzigen Stand der Wissenschaft kein erprobtes Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft bei eineiigen Zwillingen existiert. Lediglich rein in der Theorie diskutierte Vorgehen und nicht erprobte Verfahren könnten versuchen die genetischen Anlagen des Klägers einem der genetisch als identisch anzusehenden Zwillinge zuzuordnen. Die Erfolgs­aus­sichten dieser nicht erprobten Verfahren seien von den Gutachtern insgesamt als gering eingeschätzt worden.

Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung unzumutbar

Aus diesen Gründen habe der Beklagte sowie sein Zwillingsbruder die Abgabe der Spermaprobe verweigern können. Ein darin liegender Eingriff in das Recht auf informationelle Selbst­be­stimmung sei ihnen unzumutbar. Im Gegensatz zum „reinen" genetischen Fingerabdruck, lassen sich durch die codierten Bestandteile der DNA erhebliche Rückschlüsse auf charakter- oder krank­heits­be­zogene Persön­lich­keits­merkmale ziehen. Dies hätten der Beklagte und dessen Zwillingsbruder auch nicht mit Rücksicht auf das Recht des Klägers auf Kenntnis seiner Abstammung zu dulden und hinzunehmen. Zumal die Analyse dieser Erbgut­be­standteile im Wege eines Verfahrens mit experimentellem Charakter erfolgen würde, das gerade keine gesicherte und verifizierte Ergebnisse verspräche.

Quelle: Oberlandesgericht Celle/ra-online

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