21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Niedersachsen Urteil24.09.2019

Yezidische Familien aus irakischer Provinz Ninive dürfen in autonome Region Kurdistan-Irak abgeschoben werdenIm Falle einer Rückkehr in Herkunftsregion droht keine Gruppen­ver­folgung mehr

Das Nieder­säch­sische Ober­verwaltungs­gericht hat seine Rechtsprechung bestätigt, dass irakischen Staats­an­ge­hörigen kurdischer Volks- und yezidischer Religions­zugehörigkeit aus dem Distrikt Sindjar in der Provinz Ninive im Falle ihrer Rückkehr in die Herkunftsregion keine Gruppen­ver­folgung (mehr) droht. Er hat in den beiden verhandelten Fällen yezidischer Familien mit minderjährigen Kindern und arbeitsfähigen Familienvätern außerdem entschieden, dass sie keinen Anspruch auf die Gewährung des sogenannten subsidiären Schutzes haben und dass ihrer Abschiebung in die autonome Region Kurdistan-Irak keine zwingenden Gründe entgegenstehen.

Die erstin­sta­nzliche Rechtsprechung der Verwal­tungs­ge­richte zu dieser Frage ist bisher unterschiedlich. Das Verwal­tungs­gericht Hannover hatte mit seinen angegriffenen Urteilen den yezidischen Familien unter Annahme einer Gruppenverfolgung von Yeziden in der Provinz Ninive die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkannt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte dies zuvor gegenüber beiden Familien abgelehnt und auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf den sogenannten subsidiären Schutz sowie auf Abschiebungsschutz nach den maßgeblichen nationalen Vorschriften als nicht gegeben angesehen. Auf Antrag des BAMF hatte das Oberver­wal­tungs­gericht in beiden Verfahren die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Gruppen­ver­folgung von Yeziden derzeit nicht hinreichend wahrscheinlich

Mit den Berufungs­ur­teilen hob das Oberver­wal­tungs­gericht nach persönlicher Anhörung der Kläger die Urteile des Verwal­tungs­ge­richts Hannover auf und wies die Klagen ab. Das Gericht hielt daran fest, dass unter Berück­sich­tigung der aktuellen Erkenntnisse zur Sicherheitslage in dem Distrikt Sindjar in der Provinz Ninive im Nordirak eine Gruppen­ver­folgung von Yeziden nach der militärischen Zurückdrängung des Islamischen Staates derzeit nicht hinreichend wahrscheinlich ist (hierzu bereits zwei Urteile vom 30. Juli 2019, Az. 9 LB 133/19 und 148/19). Den sogenannten subsidiären Schutz können die Kläger nach Auffassung des Gerichts ebenfalls nicht beanspruchen, weil die Voraussetzungen hierfür angesichts der aktuellen Lage im Distrikt Sindjar nicht gegeben sind.

Gericht verneint zwingende der Abschiebung entge­gen­stehende Gründe

Abschie­bungs­verbote nach nationalem Recht konnte das Oberlan­des­gericht auch unter besonderer Berück­sich­tigung der Situation von yezidischen Familien mit minderjährigen Kindern nicht bejahen. Dabei kam es nicht auf die heutige Situation im Sindjar an, sondern darauf, ob einer Abschiebung der Kläger in die autonome Region Kurdistan-Irak aktuell zwingende Gründe entgegenstehen, da eine Rückkehr der Kläger dorthin zu erwarten ist. Solche zwingenden Gründe konnte das Gericht bei Bewertung aller derzeit bekannten Umstände und verfügbaren Erkenntnisse angesichts der im Landesvergleich deutlich besseren Sicherheitslage in Kurdistan-Irak sowie trotz der auch dort angespannten humanitären Verhältnisse nicht feststellen. Dabei ging das Gericht davon aus, dass auch die Lebens­be­din­gungen in den Flücht­lings­lagern in Kurdistan-Irak nicht die Annahme rechtfertigen, alle Bewohner würden dort dem Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention (EMRK) ausgesetzt. Beide Familien hatten sich bereits vor ihrer Ausreise für einen längeren Zeitraum in Kurdistan-Irak aufgehalten.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, ra-online (pm/ab)

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