18.10.2024
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil26.01.2015

Betten­steuer­satzungen in Lüneburg und Schulenberg unwirksamNormen­kon­trol­lanträge von Hoteliers gegen Bettensteuer erneut erfolgreich

Das Nieder­säch­sische Ober­verwaltungs­gericht hat in zwei Normen­kontroll­verfahren die Satzung der Hansestadt Lüneburg über die Erhebung einer Steuer auf Übernachtungen in Beherbergungs­betrieben (Beher­ber­gung­steuer) und die Satzung der Gemeinde Schulenberg im Oberharz über die Erhebung einer Übernach­tungs­steuer für unwirksam erklärt.

Den Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Hansestadt Lüneburg erhebt eine Steuer in Höhe von 3 Euro je Übernachtung und Person in einem Hotel ab einer Klassifizierung von 4 Sternen (nach dem Klassi­fi­zie­rungs­system "Deutsche Hotel­klas­si­fi­zierung") sowie in Höhe von 2 Euro für Beher­ber­gungs­be­triebe ohne Klassifizierung bzw. in Hotels bis zu einer Klassifizierung von einschließlich 3 Sternen.

Zweistufige Steuersatz-Staffelung verstößt gegen Grundsatz der Besteu­e­rungs­gleichheit

Nach den Ausführungen des Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­ge­richts verstößt diese zweistufige Steuersatz-Staffelung gegen den Grundsatz der Besteu­e­rungs­gleichheit nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Sie weist mangels ausreichender Differenzierung keinen hinreichenden Bezug zum zu besteuernden Aufwand für die jeweilige Übernachtung auf. So ist es sogar möglich, dass Übernachtungen mit einem geringen Entgelt relativ wesentlich stärker belastet werden als teurere Übernachtungen. Auch hat die Hansestadt Lüneburg nicht hinreichend belegt, dass sich aus dem Klassi­fi­zie­rungs­system "Deutsche Hotel­klas­si­fi­zierung" überhaupt tragfähige Anhaltspunkte für den jeweiligen Übernach­tungs­aufwand herleiten lassen. Weiter vertritt das Gericht die Auffassung, dass die Beher­ber­gung­s­teu­er­satzung unter einem strukturellen Vollzugsdefizit leidet, weil u. a. zahlreiche anzei­ge­pflichtige Betriebe entgegen dem Satzungsrecht nicht herangezogen und die Angaben zur Berufs­be­dingtheit von Übernachtungen nicht hinreichend überprüft werden. Schließlich verstößt die in der Satzung geregelte Befugnis zum Abschluss von Ablösungs­ver­ein­ba­rungen über die Steuerschuld gegen höherrangiges Recht.

Gesamte Beher­ber­gung­s­teu­er­satzung der Hansestadt Lüneburg unwirksam

Die Unwirksamkeit dieser Regelungen hat zur Folge, dass die gesamte Beher­ber­gung­s­teu­er­satzung der Hansestadt Lüneburg unwirksam ist. Demgegenüber hat das Oberver­wal­tungs­gericht den Einwand der Antragstellerin, den in der Beher­ber­gung­s­teu­er­satzung der Hansestadt Lüneburg zu Steuer­schuldnern erklärten Beher­ber­gungs­be­trieben fehle die für eine kommunale Aufwandsteuer erforderliche besondere rechtliche oder wirtschaftliche Beziehung zum Steuer­ge­genstand, nicht geteilt.

Satzung der Gemeinde Schulenberg sieht als Steuersatz prozentualen Anteil (5 %) vom Übernach­tungs­entgelt vor

Das Normen­kon­troll­ver­fahren betreffend die Übernach­tung­s­teu­er­satzung der Gemeinde Schulenberg im Oberharz weist die Besonderheit auf, dass die Gemeinde Schulenberg mit Wirkung zum 1. Januar 2015 aufgelöst worden ist; Rechts­nach­folgerin ist die Berg- und Univer­si­tätsstadt Clausthal-Zellerfeld. Gemäß § 8 des Gebiet­s­än­de­rungs­ver­trages gilt das bis dahin beschlossene Ortsrecht der aufgelösten Gemeinden in seinem jeweiligen räumlichen Geltungsbereich als Recht der Berg- und Univer­si­tätsstadt Clausthal-Zellerfeld fort. Noch kurz vor der Auflösung hatte die Gemeinde Schulenberg die ursprüngliche Fassung der Übernach­tung­s­teu­er­satzung rückwirkend zum 1. Januar 2013 geändert und anstelle eines dreifach­ge­stuften Steuersatzes (zwischen ,60 Euro und 1,20 Euro pro Übernachtung und Person) als Steuersatz einen prozentualen Anteil (5 %) vom Übernach­tungs­entgelt vorgesehen.

Rückwirkende Änderung der Übernach­tung­s­teu­er­satzung verstößt gegen Schlech­ter­stel­lungs­verbot

Nach Auffassung des Oberver­wal­tungs­ge­richts verstößt die rückwirkende Änderung der Übernach­tung­s­teu­er­satzung durch die 1. Änderungs­satzung gegen das sich aus dem Nieder­säch­sischen Kommu­na­l­ab­ga­ben­gesetz ergebende Schlech­ter­stel­lungs­verbot, wonach durch die Satzung normativ sichergestellt sein muss, dass es im Rückwir­kungs­zeitraum nicht zu Mehreinnahmen der Kommune gegenüber der früheren Satzungslage kommen kann. Als Nachweis für das Ausbleiben von Mehreinnahmen reichen die von der Gemeinde Schulenberg gefertigten Schätzungen nicht aus, zumal insoweit auch inhaltlich Bedenken bestehen. Bei der Übernach­tung­steuer scheidet eine Rückwirkung auch bereits aus grundsätzlichen Erwägungen aus, weil die bei indirekten Steuern erforderliche Abwälzbarkeit auf den eigentlich zu belastenden Übernachtenden nachträglich für die Beher­ber­gungs­be­triebe nicht mehr gegeben ist.

Erhebung einer Übernach­tungs­steuer nur in einem Teil des Stadtgebietes unzulässig

Der Verstoß gegen das Schlech­ter­stel­lungs­verbot hat zur Folge, dass es für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum Tag vor der Verkündung der 1. Änderungs­satzung am 13. Dezember 2014 in der Gemeinde Schulenberg keine wirksame Übernach­tung­s­teu­er­satzung gegeben hat. Die in § 8 des Gebiet­s­än­de­rungs­ver­trages vorgesehene Fortgeltung der Übernach­tung­s­teu­er­satzung der Gemeinde Schulenberg ab dem 1. Januar 2015 ist rechtlich ausgeschlossen, weil im übrigen Gebiet der Berg- und Univer­si­tätsstadt Clausthal-Zellerfeld eine Übernach­tung­steuer nicht erhoben wird und es unzulässig ist, nur in einem Teil des Stadtgebietes - hier dem ehemaligen Gebiet der Gemeinde Schulenberg - eine Steuer zu erheben.

Da der Rat der Gemeinde Schulenberg die in Bezug auf das Kalenderjahr erhobene Übernach­tung­steuer nur für den verbleibenden Zeitraum vom 13. bis 31. Dezember 2014 nicht beschlossen hätte, erstreckt sich die festgestellte Unwirksamkeit auch auf diesen Zeitraum.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online

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