18.10.2024
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil14.02.2013

Einkünfte eines Rechtsanwalts aus Tätigkeit als Berufsbetreuer sind bei Bemessung der Beiträge zur Rechts­an­walts­ver­sorgung nicht zu berücksichtigenArbeit als Berufsbetreuer stellt keine anwaltliche Tätigkeit dar

Einkünfte aus der Tätigkeit einer Rechtsanwältin als Berufs­be­treuerin bei der Bemessung der von der Rechts­an­walts­ver­sorgung Niedersachsen erhobenen Versor­gungs­beiträge nicht zu berücksichtigen sind. Dies entschied das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist selbstständige Rechtsanwältin und Mitglied der Rechts­an­walts­ver­sorgung Niedersachsen. Sie ist auch als Berufs­be­treuerin tätig und erzielt etwa gleich hohe Einkünfte aus ihren Tätigkeiten als Rechtsanwältin und Berufs­be­treuerin. Die beklagte Rechts­an­walts­ver­sorgung Niedersachsen ist als berufs­s­tän­disches Versorgungswerk für Rechtsanwälte eine öffentlich-rechtliche Pflicht­ver­sor­gungs­ein­richtung eigener Art. Sie gewährt ihren Mitgliedern Versor­gungs­leis­tungen, die den klassischen Leistungen der gesetzlichen Renten­ver­si­che­rungs­träger entsprechen. Hierzu erhebt sie von ihren Mitgliedern Beiträge. Der so genannte Regel­pflicht­beitrag entspricht 5/10 des Höchstbeitrages in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung. Bemes­sungs­grundlage sind nach der Satzung der Beklagten "die gesamten Einnahmen aus selbstständiger anwaltlicher und notarieller Tätigkeit".

Klägerin sieht in Tätigkeit als Berufs­be­treuerin keine anwaltliche Tätigkeit

Auf dieser Grundlage zog die Beklagte die Klägerin zu Versor­gungs­bei­trägen heran und setzte deren Höhe unter Berück­sich­tigung der Einkünfte aus den Tätigkeiten als Rechtsanwältin und Berufs­be­treuerin mit der Begründung fest, dass auch letztgenannte Tätigkeiten anwaltliche Tätigkeiten seien. Hiergegen hat die Klägerin vor dem Verwal­tungs­gericht Hannover Klage erhoben und geltend gemacht, die Tätigkeit als Berufs­be­treuerin sei keine anwaltliche Tätigkeit, da sie auch von Personen ohne Rechts­an­walts­zu­lassung ausgeübt werden könne. Das Verwal­tungs­gericht Hannover hat die Klage mit Urteil vom 14. März 2012 abgewiesen.

Satzung der Rechts­an­walts­ver­sorgung sieht Erhebung von Versor­gungs­bei­trägen nur für Einkünfte aus anwaltlicher Tätigkeit vor

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat dieses Urteil des Verwal­tungs­ge­richts im Berufungs­ver­fahren geändert und den Bescheid über die Festsetzung von Versor­gungs­bei­trägen aufgehoben, soweit diese auch nach den Einkünften aus der Tätigkeit als Berufs­be­treuerin bemessen worden sind. Zur Begründung stellte das Gericht maßgeblich auf Bestimmungen in der Satzung der Beklagten ab. Diese sieht vor, dass Versor­gungs­beiträge nur für Einkünfte aus anwaltlicher (und notarieller) Tätigkeit erhoben werden. Eine solche anwaltliche Tätigkeit ist die Tätigkeit als Berufs­be­treuerin nicht.

Betreu­er­tä­tigkeit setzt keine Zulassung als Rechtsanwalt voraus

Der Rechtsanwalt ist ein freier Beruf. Er ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege und als berufener unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechts­an­ge­le­gen­heiten tätig. Als Rechtsanwalt kann nur zugelassen werden, wer die Befähigung zum Richteramt erlangt hat. Dies alles trifft auf die Betreu­er­tä­tigkeit, auch wenn sie von einem Rechtsanwalt ausgeübt wird, nicht zu. Die Tätigkeit als Betreuer unterscheidet sich von der anwaltlichen Tätigkeit vielmehr wesentlich. Zum Betreuer kann vom Vormund­schafts­gericht jede natürliche Person bestellt werden, die geeignet ist, in dem gerichtlich bestimmten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen. Der Betreuer muss daher anders als der Rechtsanwalt eine besondere Qualifikation nicht nachweisen. In der Praxis werden daher neben Juristen häufig auch Personen mit psychiatrischen, pädagogischen oder kaufmännischen Berufs­qua­li­fi­ka­tionen zum Berufsbetreuer bestellt. Die Zulassung als Rechtsanwalt ist für die Betreu­er­tä­tigkeit mithin keine Voraussetzung. Eine Tätigkeit, die grundsätzlich von jedermann ausgeübt werden kann, wird nicht dadurch, dass sie ein Rechtsanwalt ausübt, zu einer anwaltlichen Tätigkeit. Dieses Ergebnis zeigt sich in vergleichbaren Unter­schei­dungen zwischen anwaltlicher Tätigkeit und Betreu­er­tä­tigkeit in anderen Rechtsbereichen, etwa im Sozia­l­ver­si­che­rungsrecht, im Aufsichtsrecht, im Vergütungsrecht und im Steuer- und Gewerberecht.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online

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