18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 16858

Drucken
Urteil21.02.2013Landesarbeitsgericht Mainz2 Sa 386/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • jurisPR-ArbR 28/2013, Anm. 1, Eugen Ehmannjuris PraxisReport Arbeitsrecht (jurisPR-ArbR), Jahrgang: 2013, Ausgabe: 28, Anmerkung: 1, Autor: Eugen Ehmann
  • ZD 2013, 460Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2013, Seite: 460
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Trier, Urteil02.08.2012, 2 Ca 526/12
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Mainz Urteil21.02.2013

Posting bei Facebook: Pflicht zur arbeits­vertraglichen Verschwie­genheit besteht nur bei berechtigtem Interesse an GeheimhaltungRecht der freien Meinung­s­äu­ßerung ist zu beachten

Eine Regelung im Arbeitsvertrag, wonach der Arbeitnehmer über betriebsinterne Vorgänge zu schweigen hat, ist nur wirksam, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Zudem ist das Recht zur freien Meinung­s­äu­ßerung zu beachten. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeitsgerichts Mainz hervor.

Im zugrunde liegenden Fall verpflichtete die Herausgeberin einer Zeitung durch eine Regelung des Arbeitsvertrags ihre Arbeitnehmer über "betriebsinterne Vorgänge" absolute Verschwie­genheit zu bewahren. Trotz dieser Regelung postete eine Redakteurin in einer Facebook-Gruppe einen Eintrag, in dem es darum ging, inwiefern der Geschäftsführer der Herausgeberin der Zeitung sowie der geschäfts­führende Gesellschafter Einfluss auf den Inhalt der Zeitung nehmen. Aufgrund des Eintrags forderte die Arbeitgeberin die Redakteurin auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, in der sie sich verpflichten sollte, zukünftig keine "Betriebsinterna" zu veröffentlichen. Obwohl die Redakteurin der Aufforderung nachkam, postete sie nachfolgend einen weiteren Eintrag. Die Arbeitgeberin sah darin einen Verstoß gegen die Unter­las­sungs­er­klärung und klagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe.

Arbeitsgericht wies Klage ab

Das Arbeitsgericht Trier wies die Klage ab. Denn die Redakteurin habe nicht gegen ihre Geheim­hal­tungs­pflicht verstoßen. Denn ein Geheim­hal­tungsgebot mit daran anknüpfenden weiteren Rechtsfolgen könne nur für geheim­hal­tungs­be­dürftige Umstände begründet werden, aber nicht für sämtliche den Betrieb betreffende Angelegenheiten. Die Arbeitgeberin hätte insofern ein berechtigtes wirtschaft­liches Interesse an der Geheimhaltung geltend machen müssen. Dies habe sie jedoch nicht getan. Ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe habe daher nicht bestanden. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberin Berufung ein.

Geheimhaltung nur bei berechtigten betrieblichem Interesse

Das Landes­a­r­beits­gericht Mainz bestätigte das erstin­sta­nzliche Urteil und wies die Berufung der Arbeitgeberin zurück. Nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts habe es offen bleiben können, ob die vorliegende Verschwie­gen­heits­ver­ein­barung, die sich auf alle "betriebsinterne Vorgänge" bzw. "Betriebsinterna" bezog, wegen einer dadurch bewirkten übermäßigen Vertragsbindung als Einzelabrede nach § 138 BGB insgesamt nichtig bzw. als Klausel im Arbeitsvertrag wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam war. Denn es habe bereits an einem berechtigten betrieblichen Interesse an der Geheimhaltung gefehlt.

Berück­sich­tigung der Meinung­s­äu­ße­rungs­freiheit

Nach Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts haben die Einträge darüber hinaus unter dem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gestanden. Daher sei das Interesse der Redakteurin an freier Kommunikation und Kritik im Hinblick auf die verfas­sungs­rechtliche Gewährleistung der Meinungs­freiheit zu berücksichtigen gewesen. Zudem sei es mit der Presse- und Meinungs­freiheit nicht vereinbar, wenn der redaktionelle Arbeitsbereich einer Zeitung sowie seine Entschei­dungs­strukturen unter Berufung auf die Geheimhaltung von vornherein einer öffentlichen Diskussion entzogen wird.

Quelle: Landesarbeitsgericht Mainz, ra-online (vt/rb)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil16858

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI