21.11.2024
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Dokument-Nr. 10960

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Oberlandesgericht München Urteil30.03.1995

Schlank­heits­studio für Frauen: Kundinnen können bei Schwangerschaft kündigenStudio­be­treiberin darf Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen nicht weiter verwenden

Das Oberlan­des­gericht München hat auf die Klage eines Verbrau­cher­schutz­vereins der Betreiberin eines Schlank­heits­s­tudios für Frauen verboten, einzelne Klauseln ihrer Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen (AGB) weiter zu verwenden. Die Studio­be­treiberin hatte die Rechte ihrer Kundinnen durch einzelne AGB beschränkt. U.a. wurde das ihnen rechtliche zustehende außer­or­dentliche Kündigungsrecht bei Schwangerschaft ausgeschlossen. Bei gesund­heit­lichen Beein­träch­ti­gungen sollte das Studio ferner berechtigt sein, das Bewegungs­programm "den individuellen Bedürfnissen der Kundin anzupassen".

Das von den Kundinnen zu unterzeichnende Vertrags­formular sah unter anderem folgende Klauseln vor: "Die Kundin erklärt, gymnastische Bewegungen in Liegestellung ausführen zu können. Hinde­rungs­gründe wie Gebrechen, Schwangerschaft, Erkrankungen oder Beschwerden des Bewegungs­ap­parates liegen nicht vor. Sollten im Laufe der Behandlungen Schwierigkeiten oder Beschwerden auftreten, und die Kundin deswegen nicht in der Lage sein, das bereitgehaltene Bewegungs­programm durchzuführen, so ist [das Studio] verein­ba­rungsgemäß berechtigt, das Programm den individuellen Bedürfnissen der Kundin anzupassen."

Keine Änderung der Beweislast zum Nachteil der Kundinnen

Das Oberlan­des­gericht München hielt die gegen die AGB gerichtete Klage für begründet und wies die Berufung der Studio­be­treiberin zurück. Die Klauseln verstießen gegen das AGB-Gesetz. Die Klausel, dass auf Seiten der Kundin keine Hinde­rungs­gründe wie eine Schwangerschaft vorliege, sei eine Tatsa­chen­be­stä­tigung, durch die der Verwender der Klausel die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändere. Die beklagte Studio­be­treiberin könne sich nicht darauf berufen. Denn sie kenne den gesund­heit­lichen Zustand nicht, könne also weder beraten noch aufklären.

Schlank­heits­studio hat Sorgfalts­pflichten gegenüber Schwangeren

Dieser Umstand könne die Beklagte nicht von ihrer Pflicht entbinden, auf die Gefahren bestimmter gymnastischer Bewegungen in Liegestellung z.B. für Schwangere hinzuweisen. Dieser Hinweis setze nämlich nicht voraus, dass die Schwangerschaft bereits vorab bekannt war. Die Erklärung, nicht schwanger zu sein, könne somit wiederum zur Umkehr der Beweislast führen. Das Gericht begründete seine Entscheidung weiterhin damit, dass es sich bei dem Vertrag zwischen Schlank­heits­studio und Kundin um ein Dauer­schuld­ver­hältnis handele, das stets aus wichtigem Grund gekündigt werden könne.

Vertragszweck ist das Schlankwerden - dies muss Kundinnen ermöglicht werden

Die Vertragsklausel, wonach eine solche Kündigung ausgeschlossen sei und die Kundin ein Minimalprogramm annehmen müsste, ohne sich vom Vertrag lösen zu können, sei rechtswidrig. Denn ausgehend von dem Fall, dass die Anpassung des Bewegungs­pro­gramms auf ein Minimum mit Rücksicht auf aufgetretene Schwierigkeiten oder Beschwerden den individuellen Bedürfnissen der Kundin angemessen wäre, könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Anpassung für sie nicht mehr zumutbar sei. Das sei dann der Fall, wenn das verbleibende Restprogramm nicht mehr geeignet sei, den Vertragszweck des Schlankwerdens zu erfüllen. Die Behauptung der Studio­be­treiberin, die Änderung sei in jedem Fall für die Kundin zumutbar, treffe insofern nicht zu.

Quelle: ra-online, Oberlandesgericht München (vt/we)

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