Dokument-Nr. 27644
Permalink https://urteile.news/
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss22.05.2019
Haus in Thailand nicht kurzfristig verkaufbar - Jobcenter muss Notlage vorläufig abdeckenHartz IV-Leistungen müssen gegebenenfalls später erstattet werden
Wer Hartz IV-Leistungen beziehen will, muss Immobilienvermögen vorher verwerten und von dem Erlös leben. Ausnahmsweise kann jedoch eine akute Notlage zu vorläufigen Leistungen führen - dies entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem Eilbeschluss.
Dem Fall lag das Verfahren eines deutsch-thailändisches Ehepaars aus dem Landkreis Wolfenbüttel zugrunde. Die Frau besitzt ein Einfamilienhaus in Thailand, das von ihrer Mutter und einem Neffen bewohnt wird. In Deutschland lebte das Paar zunächst von Rücklagen, die stetig weniger wurden bis sich Mietschulden anhäuften. Das Jobcenter lehnte die Gewährung von Leistungen ab, da das Haus in Thailand verwertbares Vermögen sei und das Paar sich kaum um den Verkauf bemüht habe.
Jobcenter vorläufig zur Zahlung verpflichtet
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen verpflichtete das Jobcenter im Eilverfahren vorläufig zur Zahlung von Leistungen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass Grundsicherungsleistungen zwar nur dann erbracht würden, wenn kein Vermögen mehr vorhanden sei. Eine Auslandsimmobilie müsse selbst dann verkauft werden, wenn sie im Heimatland des Leistungsbeziehers von Familienangehörigen bewohnt werde oder später Altersruhesitz sein solle. Sofern die Immobilie jedoch nicht als "bereites Mittel" verfügbar sei, müsse eine Notlage vorläufig vom Jobcenter abgedeckt werden. Denn das gesamte Barvermögen sei inzwischen verbraucht.
Hilfebedürftigkeit wurde durch unzureichende Verkaufsbemühungen vorwerfbar aufrechterhalten
Für die Zukunft hat das Gericht die Eheleute darauf hingewiesen, dass sie die Leistungen gegebenenfalls später erstatten müssen. Sie hätten nicht glaubhaft gemacht, das Haus ernstlich verkaufen zu wollen. Zwar hätten sie angeblich ein Schild ("sale/hire") aufgestellt. Dies sei jedoch wenig erfolgversprechend, da das Haus an einer kaum frequentierten Anliegerstraße liege, an der kein Durchgangverkehr fahre und deren Zustand so desolat sei, dass nicht einmal die Müllabfuhr dort fahren könne. Durch solch unzureichende Verkaufsbemühungen hätten sie ihre Hilfebedürftigkeit vorwerfbar aufrechterhalten. Dies könne zu einem Erstattungsanspruch des Jobcenters führen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.07.2019
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online (pm/kg)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss27644
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.