18.10.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 13417

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Urteil23.12.1986Landgericht München I23 O 14452/86
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 1988, 205Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 1988, Seite: 205
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Landgericht München I Urteil23.12.1986

Nachbar muss Hahnenkrähen in der Nacht und Komposthaufen an der Grenze nicht duldenKein genereller Anspruch auf Unterlassung der Hahnenhaltung gegen den Eigentümer des Nachba­r­grund­stücks

Kräht ein Hahn in einem Wohngebiet, das ursprünglich landwirt­schaftlich genutzt wurde, so muss dieses von den Bewohnern als ortsüblich hingenommen werden. Auch Umgebungs­ge­räusche spielen eine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob die Geräusche eines Tieres als unzumutbare Lärmbelästigung gewertet werden. Außerdem muss ein Komposthaufen an der Grenze nicht geduldet werden. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts München I hervor.

Im vorliegenden Fall klagte der Bewohner eines Hauses gegen seinen Nachbarn, der in seinem Garten vier Hühner und einen Hahn hielt. Das regelmäßige Krähen des Tieres empfand der Mann als so störend, dass er die Unterlassung der Hahnenhaltung oder die schalldichte Verwahrung verlangte. Der Kläger trug vor, dass die Benutzung des Gartens zu Erholungs­zwecken seit Anschaffung des Hahns aufgrund des Krähens nicht mehr möglich sei. Auch in den Wohnräumen höre man ständig die Laute des Tieres.

Hahnenkrähen ist eine unwesentliche Beein­träch­tigung des Eigentums am Grundstück

Das Landgericht München I stellte einen generellen Anspruch auf Unterlassung der Hahnhaltung nach § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB nicht fest. Zwar wären die Laute eines Hahns eine fortdauernde Beein­träch­tigung des Eigentums des Klägers, der Anspruch auf Unterlassung der Hahnenhaltung sei jedoch ausgeschlossen, da der Kläger nach § 906 Abs. 1 BGB generell zur Duldung verpflichtet sei. Danach könne der Kläger Einwirkungen vom benachbarten Grundstück insoweit nicht verbieten, als sie sich als unwesentlich darstellten. Maßgeblich bei dieser Bewertung sei das Empfinden eines Durch­schnitts­be­nutzers des betreffenden Grundstücks und nicht allein das fiktive Empfinden des Gestörten. Entscheidend sei vielmehr die Lautstärke, die Frequenz, vor allem aber die Tages- oder Nachtzeit, zu der die Geräusche vernommen würden. Auch der Geräuschpegel der Umgebung spiele eine Rolle.

Ortsüblichkeit und Umgebungs­räusche sind maßgeblich bei der Bewertung der Beein­träch­tigung

Die Störung durch Tierlärm sei somit von der Ortsüblichkeit abhängig. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass der Stadtteil, in dem sich die streit­ge­gen­ständ­lichen Grundstücke befinden, ursprünglich landwirt­schaftlich genutzt wurde und sich erst in den letzten Jahrzehnten immer mehr zum Wohngebiet hin entwickelt habe. Zudem beeinträchtige im Hinblick darauf, dass am Tage der Lärmpegel ohnehin höher sei als in der Nacht aufgrund von Straßenlärm, Kinderschreien und Hundegebell, das Krähen eines Hahnes die Benutzung des Grundstücks nicht wesentlich.

Keine Duldungspflicht zur Nachtzeit und an freien Tagen

Es bestehe jedoch für die Nacht, die frühen Morgenstunden und die freien Tage keine Duldungspflicht des Klägers, so dass der Hahn täglich von 20.00 Uhr abends bis 08.00 Uhr morgens und an Samstagen, Sonn- und Feiertagen zusätzlich von 12.00 Uhr mittags bis 15.00 Uhr schalldicht aufbewahrt werden müsse.

Komposthaufen muss von der Grund­s­tücks­grenze entfernt werden

Das Gericht stellte fest, dass der klagende Nachbar die Beseitigung der Kompostanlage von der Grund­s­tücks­grenze verlangen könne (§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB). Es sei allgemein bekannt, dass von einem Komposthaufen, in dem Gartenabfälle verrotten, regelmäßig Geruchs­be­läs­ti­gungen ausgehen und gehäuft Insekten auftreten. Selbst wenn der verklagte Nachbar zur Kompostierung Gesteinsmehl verwende, seien die Beein­träch­ti­gungen nicht völlig auszuschließen. Im Übrigen könne davon ausgegangen werden, dass bei entsprechender Windlage dieses Gesteinsmehl auf das klägerische Grundstück getragen werde.

Anspruch auf Verlegung der Kompostanlage

Der Anspruch auf Verlegung der Kompostanlage ergebe sich aus §§ 906 Abs. 1, 907 Abs. 1 BGB. Gerüche und Insekten zählten zwar zu den unwägbaren Stoffen, diese gehen jedoch von der Kompostanlage des Beklagten aus. Nach der "Verordnung über die Beseitigung pflanzlicher Abfälle außerhalb zugelassener Berei­tungs­anlagen (PflAbfV. 1984)" sei gemäß § 4 die Kompostierung von Gartenabfällen zwar grundsätzlich gestattet. Es sei aber ausdrücklich bestimmt, dass sonstige Abfälle auf den Grundstücken zur Verrottung gebracht werden dürfen, sofern eine erhebliche Geruchsbelästigung der Bewohner angrenzender Wohngrundstücke ausgeschlossen sei. auch diese (öffentlich-rechtliche) Vorschrift sähe damit die Einschränkung des Nachbarrechts vor. Der Beklagte habe angesichts der Größe seines Grundstücks von ca. 1350 qm auch die Möglichkeit, die Kompostanlage an anderer Stelle zu errichten, ohne dass hierdurch nachbar­rechtliche Belange berührt würden.

Quelle: ra-online, Landgericht München I (vt/st)

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