13.12.2024
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Dokument-Nr. 34162

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Beschluss12.09.2023Landgericht München I14 T 9699/23
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2024, 398Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2024, Seite: 398
  • NJW 2024, 685Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2024, Seite: 685
  • NJW-RR 2023, 1486Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2023, Seite: 1486
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht München, Beschluss20.06.2023, 421 C 3915/23
ergänzende Informationen

Landgericht München I Beschluss12.09.2023

Anspruch einer sehbehinderten Beklagten auf Zurver­fü­gung­s­tellen der Schriftsätze als Audio-DateiAuf Erfor­der­lichkeit wegen Schwierigkeit des Rechtsstreits kommt es nicht an

Ist die Partei eines Rechtsstreits sehbehindert, besteht nach § 191 a GVG in Verbindung mit § 4 ZMV ein Anspruch auf Zurver­fü­gung­s­tellen der Schriftsätze als Audio-Datei. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies wegen der Schwierigkeit des Rechtsstreits erforderlich ist. Dies hat das Landgericht München I entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen eines Miets­recht­streites vor dem Amtsgericht München im Jahr 2023 verlangte die sehbehinderte beklagte Mieterin, dass ihr die Schriftsätze als Audio-Datei zur Verfügung gestellt werden sollen. In dem Prozess ging es um die Wirksamkeit einer Eigen­be­da­rfs­kün­digung und einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs wegen angeblicher Mietmängel. Das Amtsgericht lehnte die Forderung der Beklagten ab. Es verwies auf die Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts und des Bundes­ge­richtshofs, wonach sich der Anspruch auf barrierefreien Zugang der Schriftsätze nach der Erfor­der­lichkeit richte (BVerfG, Beschl. v. 10.10.2014 - 1 BvR 856/13 - und BGH, Beschl. v. 10.01.2013 - I ZB 70/12). Da der Streitstoff hier angesichts der nur vier Seite umfassen Klageschrift übersichtlich sei, genüge es, wenn der Anwalt der Beklagten ihr den Inhalt der Schriftsätze vermittele. Gegen diese Entscheidung richtete sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.

Anspruch auf barrierefreien Zugang der Schriftsätze

Das Landgericht München I entschied zu Gunsten der Beklagten. Ihr stehe ein Anspruch auf barrierefreien Zugang der Schriftsätze in Form von Audio-Dateien zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 191 a GVG in Verbindung mit § 4 ZMV. Auf das Kriterium der Erfor­der­lichkeit könne es nicht mehr ankommen. Die Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts und des Bundes­ge­richtshofs sei überholt. Es sei nachvollziehbar, dass die Beklagte nicht darauf verwiesen werden will, dass ihr Rechtsanwalt ihr die Schriftsätze erklären oder vorlesen könne. Ich müsse vielmehr die Möglichkeit gegeben sein, sich mit den entsprechenden Dokumenten selbst und ggfs. auch wiederholt ausein­an­der­zu­setzen, wie das sehfähige Personen tun können. Dies gebieten die Gebote der Gleich­be­handlung und des fairen Verfahrens.

Erfor­der­lichkeit wegen Schwierigkeit des Rechtsstreits

Nach Auffassung des Landgerichts München I sei ohnehin der Erfor­der­lichkeit des barrierefreien Zugang der Schriftsätze zu bejahen, da der Rechtsstreit einige Schwierigkeiten aufweise. Am bloßen Umfang der Klageschrift lasse sich die Erfor­der­lichkeit nicht belastbar festmachen.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (vt/rb)

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