18.10.2024
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Landgericht Köln Urteil05.06.2013

Rechts­ver­let­zungen über einen Inter­ne­t­an­schluss begründen Vermutung für die Täterschaft des Anschluss­in­habersWider­sprüch­licher Vortrag und pauschale Behauptungen genügen nicht zur Widerlegung der vermuteten Täterschaft des Anschluss­in­habers

Werden über einen Inter­ne­t­an­schluss Urheberrechts­verletzungen begangen, so spricht die allgemeine Lebenserfahrung für die vermutete Täterschaft des Anschluss­in­habers (sog. Beweis des ersten Anscheins). Diese Vermutung kann der Anschluss­inhaber durch die Darlegung eines möglichen anderen Gesche­hens­ablaufs widerlegen. Dazu genügt jedoch nicht die pauschale Behauptung, andere Nutzer könnten die Rechts­ver­letzung begangen haben. Auch ein wider­sprüch­licher Vortrag führt nicht zu einer Widerlegung der Vermutung. Dies hat das Landgericht Köln entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall klagten verschiedene Recht­e­in­ha­be­rinnen von Musiktiteln gegenüber einem Familienvater auf Schadenersatz wegen begangener Urheber­rechts­ver­let­zungen. Aufgrund einer Software ermittelten die Klägerinnen für die begangenen Rechts­ver­let­zungen den Anschluss des Familienvaters. Sie verlangten im Wege der Lizenzanalogie je 200 € für 15 vom Anschluss des Familienvaters zum Herunterladen bereitgestellte Musiktitel. Dieser bestreitete jedoch eine Verant­wort­lichkeit. Ebenso hätten weder seine Ehefrau noch seine beiden Söhne, die ebenfalls im Haushalt wohnten und den Anschluss nutzten, Dateien zum Download bereitgestellt. Er habe zudem auf die Illegalität der Tauschbörsen hingewiesen und die Teilnahme daran verboten. Er könne dennoch nicht 100 prozentig etwaige Rechtsverstöße seiner Familien­an­ge­hörigen ausschließen. Darüber hinaus behauptete er, dass Gäste oder Freunde die Rechts­ver­let­zungen begangen haben können.

Anspruch auf Schadenersatz im Wege der Lizenzanalogie bestand

Das Landgericht Köln entschied zu Gunsten der Klägerinnen. Sie haben gemäß § 97 Abs. 2 UrhG einen Schaden­er­satz­an­spruch gehabt. Der Schaden wurde vom Gericht auf Grundlage des Betrags berechnet, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dies sei der Betrag, den die Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags als angemessene Lizenzanalogie vereinbart hätten. Davon ausgehend sei der geforderte Betrag von 200 € je Titel angemessen gewesen.

Familienvater war für Urheber­rechts­ver­let­zungen verantwortlich

Für das Landgericht stand es fest, dass der Familienvater als Anschlussinhaber für die ermittelten Rechts­ver­let­zungen verantwortlich war. Die Täterschaft des beklagten Anschluss­in­habers müsse zwar vom Kläger dargelegt und gegebenenfalls bewiesen werden. Werde aber ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugäng­lich­gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeordnet war, spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechts­ver­letzung verantwortlich ist.

Verant­wort­lichkeit beruhte auf Beweis des ersten Anscheins

Die Verant­wort­lichkeit des Anschluss­in­habers beruhe auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Gesche­hens­ablauf, so das Landgericht weiter, wonach in erster Linie der Anschluss­inhaber seinen Internetzugang nutzt oder jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese bewusst kontrolliert. In einem solchen Fall spreche der Beweis des ersten Anscheins für die Täterschaft.

Vermutung der Täterschaft konnte nicht erschüttert werden

Ein solcher Anscheinsbeweis könne erschüttert werden, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Gesche­hens­ablaufs ergibt. Dies könne aus Sicht des Gerichts durch die Behauptung gelingen, eine andere Person habe die Rechts­ver­letzung begangen. Zwar müsse der Anschluss­inhaber nicht durch eigene Nachforschungen aufklären, wer tatsächlich Täter der Rechts­ver­letzung war (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012 - 6 U 239/11). Pauschale Behauptungen, wonach unter Umständen Dritte sich Zugang zum Internetzugang verschafft haben können, genügen jedoch nicht. Denn solche Äußerungen erfolgen lediglich ins Blaue hinein und begründen keine Möglichkeit eines anderen Gesche­hens­ablaufs. Zudem wird die Vermutung dann nicht erschüttert, wenn ein wider­sprüch­licher Vortrag vorliegt. Ein solcher liege zum Beispiel vor, wenn einerseits Rechts­ver­let­zungen durch Familien­an­ge­hörige ausgeschlossen werden und andererseits ein solcher Ausschluss nicht zu 100 % erfolgen könne.

Quelle: Landgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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