23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen ein Flugzeug am Himmel.
ergänzende Informationen

Landgericht Köln Urteil24.08.2015

Mit Fäkalien verschmutztes Meerwasser aufgrund defekter Kläranlage stellt Reisemangel für Badeurlaub darReisendem steht aufgrund Erkrankung an schwerem Brechdurchfall Reise­preis­min­derung, Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit sowie Schmerzensgeld zu

Wird das Meerwasser aufgrund einer defekten Kläranlage mit Fäkalien verschmutzt, so stellt dies für einen Badeurlaub einen Reisemangel dar. Kommt es zudem zu einer Erkrankung an schwerem Brechdurchfall, so kann der Reisende neben einer Reise­preis­min­derung, Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit und Schmerzensgeld geltend machen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Köln hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Familienvater buchte für sich und seine Ehefrau sowie für den gemeinsamen 11-jährigen Sohn und der gemeinsamen 6-jährigen Tochter einen zweiwöchigen Badeurlaub im August 2014 in der Türkei zu einem Preis von 6.143 Euro. Das ausgewählte Fünf-Sterne-Hotel war auf einen Strand-, Bade- und Erholungsurlaub ausgerichtet und verfügte daher über einen hoteleigenen Strand. Einen Tag nach der Ankunft erkrankten alle Famili­en­mit­glieder an einem schweren Brechdurchfall. Sie mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden, wo eine akute Gastroenteritis festgestellt wurde. Die gesamte Familie litt für die nächsten neun Tage an Magen-Darm-Beschwerden. Die Erkrankung war darauf zurückzuführen, dass aufgrund eines Defekts in der örtlichen Kläranlage nur 200 m vom Hotelstrand Fäkalien in das Meerwasser gepumpt wurden. Der Familienvater machte nach Beendigung der Reise gerichtlich unter anderem eine Reisepreisminderung, Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit und Schmerzensgeld geltend.

Anspruch auf Reise­preis­min­derung aufgrund Magen-Darm-Erkrankung

Das Landgericht Köln bejahte zunächst einen Anspruch auf Reise­preis­min­derung gemäß § 651 d Abs. 1 BGB. Für die neun Tage, an denen die Familie unter Magen-Darm-Beschwerden litt, sei der Reisepreis nach Ansicht des Gerichts um 100 % gemindert gewesen. Die durch den Defekt der Kläranlage ausgelöste Erkrankung habe einen Reisemangel dargestellt. Die Reise sei dadurch in ihrer Tauglichkeit gemindert gewesen. Durch die Erkrankung sei die Familie an sämtliche Aktivitäten, einschließlich der Nahrungs­aufnahme, gehindert gewesen. In diesem Zusammenhang habe es keine Rolle gespielt, dass die Funkti­o­ns­fä­higkeit der Kläranlage außerhalb des Einfluss­be­reichs der Reise­ver­an­stalterin lag.

Anspruch auf Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit

Der Familie habe darüber hinaus nach Auffassung des Landgerichts ein Anspruch auf Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit gemäß § 651 f Abs. 2 BGB zugestanden. Nach dieser Vorschrift könne ein Reisender eine angemessene Geldent­schä­digung verlangen, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt werde. Letzteres sei hier der Fall gewesen. Für eine erhebliche Reise­be­ein­träch­tigung habe schon die Höhe der Reise­preis­min­derung gesprochen. Die Familie habe in der ersten Urlaubswoche keine Aktivitäten vornehmen können und sei in ihrer Nahrungs­aufnahme eingeschränkt gewesen, sodass eine Erholung nicht möglich gewesen sei. Jedem Famili­en­mitglied habe daher unter Berück­sich­tigung des Reisepreises ein Anspruch in Höhe von ca. 987 Euro zugestanden.

Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro pro Famili­en­mitglied

Jedem Famili­en­mitglied habe ferner ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 Euro zugestanden, so das Landgericht. Der Reise­ver­an­stalterin sei eine Pflicht­ver­letzung anzulasten gewesen, weil sie die Erkrankung der Familie nicht verhindert habe. Sie hätte rechtzeitig über die hygienischen Zustände am Urlaubsort informieren und der Familie ein anderes Hotel anbieten können. Dies habe die Reise­ver­an­stalterin hingegen unterlassen. Ein höheres Schmerzensgeld sei angesichts der bereits erfolgten Kompensation durch den Schadenersatz wegen vertaner Urlaubszeit nicht in Betracht gekommen.

Quelle: Landgericht Köln, ra-online (vt/rb)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil21752

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI