Landgericht Frankfurt am Main Urteil26.05.1994
Keine morgendliche Pflicht zur Beseitigung von nassem Laub auf dem GehwegVerkehrssicherungspflicht wird nicht verletzt
Rutscht ein Passant in den frühen Morgenstunden aufgrund feuchten Herbstlaubes auf dem Gehweg einer reinen Wohngegend aus, so haftet dafür der Grundstücksbesitzer nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichtes Frankfurt a.M. hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Klägerin machte gegen die Beklagte eine Schadenersatzanspruch wegen einer Sturzverletzung geltend. Die Klägerin befand sich gegen 7.00 Uhr auf dem Weg zur Arbeit als sie vor dem Haus der Beklagten auf dem Bürgersteig wegen größerer Mengen nassen Laubes ausrutschte und sich verletzte. Der Gehweg befand sich in einer kleinen Straße in einer reinen Wohngegend.
Verkehrssicherungspflicht zur Reinigung des Bürgersteiges nicht verletzt
Das Landgericht Frankfurt a.M. entschied gegen die Klägerin. Ein Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB stand ihr nicht zu. Die Beklagte hatte die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht zur Reinigung des Gehweges nicht verletzt. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen um Dritte zu schützen. Der Verkehrssicherungspflichtige muss die verkehrserforderliche Sorgfalt beachten. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Maßgebend für die Gefahrensicherung sind die Sicherungserwartungen des Verkehrs.
Keine überdurchschnittlichen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht
Aufgrund der örtlichen und zeitlichen Verhältnisse am Unfalltag traf die Beklagte nach Auffassung des Landgerichts keine überdurchschnittlichen Anforderungen bezüglich ihrer Verkehrssicherungspflicht. Der Beklagten war es unzumutbar, morgens um 7.00 Uhr vor ihrem Haus nachzuschauen, ob möglicherweise Tau zu einer Bodenfeuchtigkeit bzw. in Verbindung mit Laub zu einer Rutschgefahr geführt hatte.
Mit feuchtem Laub ist zu rechnen
Liegt der Bürgersteig in einer kleinen Straße in einem reinen Wohngebiet, dürfen die für die Verkehrssicherung Verantwortlichen regelmäßig damit rechnen, dass Passanten ihre Aufmerksamkeit im wesentlichen auf den vor ihnen liegenden Gehweg richten werden und dass ihre Aufmerksamkeit nicht ständig anderweitig in Anspruch genommen wird. Zu beachten war auch, dass es sich bei Herbstlaub nicht um eine plötzlich und unerwartet auftretende Erscheinung handelt, sondern sich alljährlich wiederholt und mit der jeder Bürger zu rechnen hat.
Hinzu kam, dass der Unfall zu einer Uhrzeit geschah, bei der in der Regel ein Passant nicht damit rechnen kann, dass ein Bürgersteig bereits von herabfallenden Blättern gereinigt ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.10.2012
Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (zt/WuM 1994, 482/rb)