21.11.2024
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Landgericht Bochum Urteil12.04.2012

Neuwagenkauf: Gericht erkennt zu hohen Kraft­stoff­ver­brauch als Mangel anZu hoher Spritverbrauch berechtigt zum Vertrags­rücktritt / Autohaus muss Wagen zurücknehmen

Ein Autokäufer kann vom Kauf zurücktreten, wenn sein Neuwagen unter Testbedingungen über zehn Prozent mehr Sprit verbraucht als im Verkauf­sprospekt angegeben. Dies hat das Landgericht Bochum entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der spätere Kläger Ende 2009 einen Neuwagen gekauft. Schon bald stellte er fest, dass sein Wagen erheblich mehr Super auf 100 km schluckte, als ihm im Verkauf­sprospekt versprochen worden war. Wesentlich für die Kaufent­scheidung des Klägers war ein Prospekt, welcher eine Produkt­be­schreibung des Kraftfahrzeugs enthielt. In diesem war unter der Überschrift "Technische Daten" der Kraftstoffverbrauch (Super) wie folgt angegeben:

"innerorts 10,3 l/100 km,

außerorts 6,2 l/100 km,

kombiniert 7,7 l/100 km."

Neben dem Begriff "Verbrauch" befand sich der Hinweis: "nach 1999/100/EG, g/km kombiniert." Ferner wurde in Fußnote 6 angegeben "Verbrauchs­messung ohne Zusatz­ausstattung. Mit eingeschalteter Klimaanlage erhöht sich der Verbrauch um ca. ,2l/100 km".

Verbrauch im Normalbetrieb höher als im Prospekt angegeben

Der Wagen des Mannes verbrauchte im Normalbetrieb mehr als im Prospekt angegeben. Deswegen wandte er sich an das Autohaus und verlangte Abhilfe. Die Versuche des Autohauses, den Spritverbrauch zu drosseln, scheiterten. Mit Schreiben vom 19.04.2010 teilte der Hersteller des Fahrzeugs, an den sich der Kläger gewandt hatte, dem Kläger mit, dass das Fahrzeug dem Serienstandard entspreche und der Benzinverbrauch nicht weiter gesenkt werden könne. Das beklagte Autohaus schloss sich dieser Einschätzung an. Hierauf erklärte der Kläger mit Schreiben vom 29.04.2010 den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte zur Erstattung des Kaufpreises eine Frist bis zum 15.05.2010, die das Autohaus fruchlos verstreichen lies. Sodann erhob der Mann Klage vor dem Landgericht Bochum.

Das Landgericht gab dem Kläger Recht. Er habe gem. §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB vom Kaufvertrag zurücktreten können. Das vom Kläger gekaufte Fahrzeug weise einen so erheblichen Sachmangel i.S. von § 434 BGB auf, dass dieser zu einem Rücktritt rechtfertigt, vgl. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

Sachmangel gem. § 434 BGB

Es könne offen bleiben, ob die Parteien die Angaben des Herstel­ler­pro­spekts zum Fahrzeug­ver­brauch als Beschaffenheit des erworbenen Fahrzeuges i.S. von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbart haben. Die im Herstel­ler­prospekt enthaltenen Angaben zu dem Kraft­stoff­ver­brauch des Neufahrzeugs seien zumindest öffentliche Äußerungen i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB mit der Folge, dass die gewöhnliche Beschaffenheit des Wagens i.S. von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB durch diese Angaben bestimmt wird.

Sachverständigengutachten

Nach dem eingeholten Sachver­stän­di­gen­gut­achten verbrauche der Wagen des Klägers mehr als im Prospekt angegeben. Hierbei sei auf die im Ergän­zungs­gut­achten als Variante 2 ("Fahrzeug nach Wartung mit Referenz­kraftstoff, realer Fahrwiderstand, Gewicht nach Herstel­ler­angabe") abzustellen. Aus dem Prospekt ergebe sich, dass die Verbrauchswerte mittels der in der Richtlinie 1999/100/EG normierten Messmethode (also im Laborversuch) ermittelt wurden. Auf den tatsächlichen Verbrauch im "Normalbetrieb" komme es nicht an. Für den Kläger als Erklä­rungs­emp­fänger der Angaben im Prospekt sei erkennbar gewesen, dass die Herstel­ler­angaben auf einer verob­jek­ti­vierten Grundlage beruhten und dass sich der bei individueller Fahrweise erzielte Kraft­stoff­ver­brauch nicht mit den angegebenen Werten decken musste (vgl. hierzu BGH NJW 1997, 2590).

Wie in der Fußnote 6 des Prospektes bei der Verbrauchs­angabe aufgeführt sei "Verbrauchs­messung ohne Zusatz­ausstattung" könne nicht auf das reale Gewicht des Fahrzeuges abgestellt werden, sondern es ist auf die sog. simulierte Schwungmasse von 1.470 kg abzustellen. Diese Masse entspreche dem Gewicht des Wagens des Klägers in der Grund­ausstattung. Die sog. Variante 1 (= Messung beim Ausgangs­gut­achten) scheide damit aus. Diese gehe von dem tatsächlichen Gewicht des Fahrzeuges des Klägers aus. Ferner spreche gegen diese Messung, dass keine Wartung durchgeführt wurde und Marken­kraftstoff und kein Testkraftstoff verwendet wurde.

Sachmangel ist erheblich i.S. von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB

Dieser Sachmangel sei auch erheblich i.S. von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Insoweit schloss sich das Landgericht Bochum der Rechtsprechung des BGH an (BGH NJW 2007, 2111 = BGH, Beschluss v. 08.05.2007 - VIII ZR 19/05 -). Hiernach sei ein Kraft­stoff­mehr­ver­brauch von mehr als 10 % erheblich i.S. von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB und rechtfertige den Rücktritt.

Der seitens des Klägers erklärte Rücktritt führe gem. § 346 BGB zur Rückgewähr der ausgetauschten Leistungen, dem Wagen und dem Kaufpreis.

Quelle: ra-online, LG Bochum (vt/pt)

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