23.11.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 15400

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Urteil07.02.2013Oberlandesgericht HammI-28 U 94/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2013, 1146Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2013, Seite: 1146
  • ZUR 2013, 437Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR), Jahrgang: 2013, Seite: 437
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Oberlandesgericht Hamm Urteil07.02.2013

Autokäufer bei zu hohem Kraft­stoff­ver­brauch zum Rücktritt berechtigtHöherer Verbrauchswert muss aber erheblich sein (10 %)

Stellt sich nach dem Autokauf heraus, dass das Fahrzeug tatsächlich einen höheren Verbrauchswert als angegeben hat, so kann der Autokäufer vom Kaufvertrag zurücktreten. Der höhere Verbrauchswert muss aber erheblich (mind. 10 %) sein. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Hamm hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger aus Herne Ende 2009 beim beklagten Autohaus in Bochum einen neuen Pkw Renault Scénic 2. 16 V zum Preis von ca. 20.300 Euro erworben. Das Verkaufsprospekt bewarb das Fahrzeug (ohne Zusatz­ausstattung) mit nach dem Messverfahren gem. EU-Richtlinie RL 80/1268/EWG ermittelten Kraft­stoff­ver­brauchs­werten. Nachdem der Beklagten keine Nachbesserung gelang, trat der Kläger im April 2010 vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeuges, da nach seiner Behauptung das Fahrzeug einen erheblich höheren Verbrauchswert hatte, als im Verkauf­sprospekt angegeben war. Der Autohändler sah dies anders. Seiner Meinung nach stelle der höhere Verbrauchswert keinen Mangel dar, da die tatsächlichen Verbrauchswerte von der Zusatz­ausstattung und der individuellen Nutzung abhänge. Die im Verkauf­sprospekt angegebenen Verbrauchswerte werden demgegenüber nach einem herstel­ler­über­grei­fenden standa­r­di­sierten Messverfahren ermittelt, der eben nicht die tatsächlichen Verhältnisse wiederspiegelt.

LG Bochum: Sachmangel lag vor

Die vom Autokäufer erhobene Klage wurde vom Landgericht Bochum stattgegeben. Denn das Fahrzeug habe wegen der Nichteinhaltung der Verbrauchswerte einen Sachmangel aufgewiesen (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB). Nach Feststellungen eines Sachver­ständigen habe der kombinierte Kraftstoffverbrauch unter Testbedingungen mit 8,6 l/100km 11,7 % über der Herstel­ler­angabe von 7,7 l/100km gelegen. Der Autohändler legte gegen das Urteil Berufung ein.

Rücktrittsrecht wegen Sachmangels lag vor

Das Oberlan­des­gericht Hamm bestätigte das Urteil des Landgerichts. Der Kläger habe die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen dürfen (§ 346 Abs. 1 BGB). Denn er sei zum Rücktritt berechtigt gewesen (§§ 437 Nr. 2, 323 BGB), weil dem Fahrzeug eine Beschaffenheit fehle, die der Kläger nach dem Verkauf­sprospekt habe erwarten dürfen. Somit habe ein Sachmangel vorgelegen (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 BGB).

Verbrauchswerte waren unter Testbedingungen nicht reproduzierbar

Zwar müsse ein verständiger Autokäufer wissen, so das Oberlan­des­gericht weiter, dass die tatsächlichen Verbrauchswerte von zahlreichen Einflüssen und der individuellen Fahrweise des Käufers abhänge und daher nicht mit den Angaben im Verkauf­sprospekt gleichgesetzt werden dürfe. Der Käufer könne aber erwarten, dass die im Prospekt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar seien. Dies sei hier aber nach dem Sachver­stän­di­gen­gut­achten nicht der Fall gewesen. Die von dem Sachver­ständigen festgestellten erhöhten Verbrauchswerte stellen eine erhebliche Pflichtverletzung dar, weil der im Verkauf­sprospekt angegebene Verbrauchswert um mehr als 10 % überschritten werde.

Abweichungen stellten erhebliche Pflicht­ver­letzung dar

Die Abweichungen der Verbrauchswerte seien nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richts auch als erhebliche Pflicht­ver­letzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB anzusehen gewesen. Erheblich sei eine Pflicht­ver­letzung immer dann, wenn der im Verkauf­sprospekt angegebene kombinierte Verbrauchswert um mehr als 10 % überschritten werde (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2007 - VIII ZR 19/05). Dies sei hier bei einem Mehrverbrauch von 11,7 % der Fall gewesen.

Käufer musste Nutzungs­ent­schä­digung zahlen

Von dem von der Beklagten zurück­zu­zah­lenden Kaufpreis sei allerdings ein Abzug von ca. 3.000 Euro zu machen, die der Kläger als Entschädigung für die bisherige Fahrzeugnutzung zu leisten habe (§ 346 Abs. 1 und 2 BGB).

Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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