21.11.2024
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Landgericht Berlin Urteil05.12.2017

Widerruf eines Darle­hens­ver­trages bei Autokauf nach anderthalb JahrenKein In-Gang setzen der Widerrufsfrist bei fehlenden Pflichtangaben und unzureichenden Angaben

Ein Autokäufer kann den Darle­hens­vertrag, den er zwecks Finanzierung bei der Hausbank des Fahrzeug­her­stellers abgeschlossen hatte, noch eineinhalb Jahre später trotz wirksamer Wider­rufs­be­lehrung widerrufen. Dies hat das Landgericht Berlin entschieden.

Im vorliegenden Fall kaufte der Kläger im Sommer 2014 einen VW Touran zum Preis von 22.800 €. Einen Teilbetrag in Höhe von 8.000 € zahlte er direkt an das Autohaus. Den restlichen Kaufpreis von 14.800 € finanzierte er über einen Darlehensvertrag, den er mit einer Bank des Herstellers und auf Vermittlung des Autohauses abschloss. Den Unterlagen für den Darle­hens­vertrag waren die Europäischen Standa­r­d­in­for­ma­tionen für Verbrau­cher­kredite und eine Wider­rufs­be­lehrung beigefügt.

Widerruf der Willen­s­er­klärung auf Darle­hens­ver­trags­ab­schluss und Rückzah­lungs­be­gehren

Mit Schreiben vom 30. März 2016 widerrief der Kläger seine Willen­s­er­klärung auf Abschluss des Darle­hens­ver­trages und forderte die Bank unter Fristsetzung auf, den Vertrag rückabzuwickeln. Da die Bank dies ablehnte, erhob er Klage. Er macht u.a. die Rückzahlung von ca. 17.300 € geltend, nämlich der geleisteten Anzahlung von 8.000 € sowie von gezahlten Raten in Höhe von insgesamt ca. 9.300 €. Der Kläger ist der Auffassung, er müsse keine Entschädigung dafür zahlen, dass er das Fahrzeug inzwischen drei Jahre genutzt habe.

LG: Rückzah­lungs­an­spruch von 12.400 € wegen unzureichender Pflichtangaben

In erster Instanz erhielt der Kläger teilweise Recht. Das Landgericht Berlin verurteilte die Bank ca. 12.400 € an den Kläger zurückzuzahlen. Grundsätzlich müsse zwar der Widerruf innerhalb von zwei Wochen erklärt werden. Die Widerrufsfrist habe jedoch nicht zu laufen begonnen, da dem Kläger als Verbraucher nicht die erforderlichen Pflichtangaben zur Verfügung gestellt worden seien.

Fehlende Hinweise über Möglichkeiten der Vertrags­kün­digung

Zum einen sei der Kläger nicht klar und verständlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden, den Vertrag durch Kündigung zu beenden. Es fehle der Hinweis darauf, dass der Verbraucher den Vertrag als sog. Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund kündigen könne. Die gegenteilige Auffassung anderer Landgerichte (Braunschweig, Stuttgart und Köln), wonach über dieses besondere Kündigungsrecht nicht aufgeklärt werden müsse, überzeuge nicht. Vielmehr sei eine Auslegung geboten, die sich an europäischem Recht orientiere und die Verbrau­cher­kre­di­t­richtlinie 2008/48/EG berücksichtige.

Angabe über Berech­nungs­methode der Vorfäl­lig­keits­ent­schä­digung nicht ausreichend

Zum weiteren seien auch die Angaben darüber nicht ausreichend, wie die sog. Vorfälligkeitsentschädigung, die die Bank im Falle einer vorzeitigen Kündigung als Ausgleich für dadurch entgehende Zinsen erhalte, berechnet werde. Die Bank müsse zwar nicht die finanz­ma­the­ma­tische Formel detailliert angeben. Zumindest müsse aber erkennbar sein, welche Methode die Bank zur Berechnung anwenden wolle. Dies lasse sich den Angaben nicht entnehmen.

Wertersatz für Fahrzeugnutzung und Zinsen vom Rückzah­lungs­an­spruch abzuziehen

Als Folge des wirksam erklärten Widerrufs könne der Kläger die geleistete Anzahlung und die gezahlten Raten in Höhe von insgesamt ca. 17.300 € zurückverlangen. Von diesem Betrag seien jedoch die nach dem Darle­hens­vertrag geschuldeten Zinsen in Höhe von ca. 1.000 € abzuziehen. Zudem sei der Rückzah­lungs­betrag um eine Wertent­schä­digung für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer zu verringern. Denn es handele sich um einen mit dem Darle­hens­vertrag verbundenen Kaufvertrag. Der Kläger habe nicht nur geprüft, ob das Fahrzeug ordnungsgemäß funktioniere und die vereinbarten Eigenschaften aufweise, sondern er habe das Fahrzeug dauerhaft genutzt. Ein Kunde solle nicht von seinem Widerrufsrecht abgehalten werden, wenn er befürchten müsse, er müsse schon dann einen Wertersatz leisten, wenn er die Ware nur prüfe, wie ihm das auch in einem Ladengeschäft möglich sei. Nutze er die Ware jedoch in einem Umfang, der über die Möglichkeiten bei einem Ladengeschäft (bei einem Autokauf z.B. durch Probefahrt mit einem roten Kennzeichen) hinausgehe, müsse er Wertersatz leisten.

Schätzwert der Entschä­di­gungshöhe nach gefahrenen Kilometern

Die Höhe dieser Entschädigung sei anhand der gefahrenen Kilometer zu schätzen und betrage vorliegend – ausgehend von einer ungefähren Gesamt­lauf­leistung des Modells von 250.000 Kilometern – ca. 3.900 €. Aus der Verrechnung ergebe sich der dem Kläger zugesprochene Betrag.

Quelle: Landgericht Berlin/ ra-online

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