21.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 12832

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil09.12.2010

Kellner dürfen Trinkgeld als regelmäßige Einkünfte für sich behaltenTrinkgeld muss nicht unter dem gesamten Personal aufgeteilt werden

Wer über einen längeren Zeitraum aufgrund seiner Tätigkeit in einem bestimmten Bereich eines Restau­rant­be­triebs Trinkgeld erhält, kann von dieser Tätigkeit nicht ohne weiteres abgezogen werden. Die regelmäßigen Zusatzeinkünfte, nach denen der Arbeitnehmer seinen Lebensstandard eingerichtet hat, dürfen vom Arbeitgeber nicht verweigert werden. Dies entschied das Arbeitsgericht Kaiserslautern.

Im vorliegenden Fall konnte sich ein Kellner über 17 Jahre lang zusätzlich zu seinem Arbeitslohn ein Trinkgeld von nicht weniger als 500 Euro im Monat erwirtschaften. Nach der Übernahme des Restaurants durch einen neuen Besitzer, wurde dem Mann verweigert, weiterhin bei den Gästen zu kassieren. Damit wollte man die gleichmäßige Aufteilung des Trinkgeldes unter dem gesamten Personal erreichen. Nachdem sich der Kellner weigerte, mahnte ihn sein Arbeitgeber ab und sprach kurz darauf die Kündigung aus. Hiergegen klagte der Mann.

Weisungsrecht des Arbeitgebers wurde stillschweigend eingeschränkt

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern stellte fest, dass der Arbeitgeber nicht berechtigt sei, dem Angestellten das Kassieren zu verbieten, weil er ihm damit die Chance auf ein Trinkgeld nehme. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers sei im Laufe der 17-jährigen Tätigkeit des Klägers stillschweigend dahingehend eingeschränkt worden, dass der Kläger zum Abkassieren berechtigt und diese Berechtigung zum Vertragsinhalt geworden sei. Der Kläger habe 17 Jahre lang die Möglichkeit gehabt, Trinkgelder zu vereinnahmen und dementsprechend seinen Lebensstandard darauf eingerichtet. Er müsse sich nicht auf eine neues und zudem vages System entlassen. Es sei ihm nicht zuzumuten, Tag für Tag mit dem übrigen Personal über die Verteilung des Trinkgeldes zu streiten.

Zusätzliche monatliche Einkünfte durch Trinkgeld dürfen Arbeitnehmer nicht entzogen werden

Der Arbeitgeber habe grundsätzlich das Recht, den Ort, die Zeit und den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, solange dadurch keine gesetzlichen Vorschriften, der Arbeitsvertrag oder tarifliche Vereinbarungen verletzt werden. Das Weisungsrecht umfasse auch die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer bestimmte Aufgaben zuzuweisen oder zu entziehen. Er müsse bei Weisungen stets billiges Ermessen walten lassen (vgl. BAG, Urteil v. 23.06.2009 - 2 AZR 606/08 - = NZA 2009, 1011). Es müssten besondere Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein soll, seine Arbeit unverändert zu erbringen. Solche besonderen Umstände seien im vorliegenden Fall gegeben, da dem Kläger durch Entzug der Kassier­tä­tigkeit die Chance genommen werde, Trinkgelder zu erhalten. Der Arbeitgeber dürfe ihm die monatlichen zusätzlichen Einkünfte nicht entziehen.

Trinkgeld ist eine persönliche Zuwendung Dritter

Trinkgeld sei ein Geldbetrag, den ein Dritter dem Arbeitnehmer zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung zahlt. Es handele sich um Zuwendungen, die aus einer persönlichen Motivationslage freiwillig von Dritten erbracht werden. Der Trink­gel­d­emp­fänger stehe faktisch in einer doppelten Leistungs­be­ziehung und erhalte damit doppeltes Entgelt. (BFH, Urteil vom 18.12.2008 - VI R 49/06 = DB 2009, 207).

Die Abmahnungen und Kündigung waren damit unwirksam und der Kläger kann in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung der zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen (vgl. BAG Urteil vom 23.06.2009 - 2 AZR 606/08 = NZA 2009, 1011).

Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (vt/st)

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